Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) soll der Standort Deutschland gestärkt und Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht werden. Nachdem der Bundestag das Gesetz im Jahr 2023 beschlossen hatte, hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen. Die Länder forderten in ihrem Anrufungsbeschluss eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes. Nach entsprechender Überarbeitung wurde das Wachstumschancengesetz am 27.3.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Der Bundesrat hatte am 22.3.2024 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Wachstumschancengesetz zugestimmt. Das Gesetz bringt hauptsächlich diverse Steueränderungen bzw. Vereinfachungen. Zudem bringt das Gesetz eine Pflicht zur elektronischen Rechnung im B2B Bereich. Eine Änderung ab dem Jahr 2025 ist die Abschaffung der sog Fünftelregelung, die bei der Besteuerung von Sonderzahlungen wie Abfindungen und Vergütungen für Mehrfachtätigkeiten bislang angewendet wurde. Diese wird nunnicht mehr direkt durch den/die Arbeitgeber*in bei der Lohnsteuerberechnung angewendet. Stattdessen muss der/die Arbeitnehmer*in* zukünftig selbst tätig werden und die Begünstigung am Jahresende in der Steuererklärung geltend machen.

Was ist die Fünftelregelung?

Die Fünftelregelung ist eine Methode, um die steuerliche Belastung bei der Auszahlung von Einmalzahlungen, wie z.B. einer Abfindung, zu mildern. Bisher bestand die Möglichkeit, die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EstG) für bestimmte Arten von Arbeitslohn (z. B. Entschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) bereits im Rahmen der Lohnsteuerberechnung zu berücksichtigen. Da dieses Verfahren jedoch für Arbeitgeberinnen mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden ist, wird es abgeschafft. Schließlich verfügen die Arbeitgeberinnen nicht per se über die umfassenden Informationen zu der Einkommenssituation ihrer Arbeitnehmerinnen. Arbeitnehmerinnen können die Tarifermäßigung künftig weiterhin im Rahmen des Veranlagungsverfahrens beantragen. Dazu wird die Einmalzahlung rechnerisch auf fünf Jahre verteilt, obwohl sie tatsächlich in einem Jahr ausgezahlt wird. Durch diese Regelung wird die Steuerprogression abgemildert, was insbesondere bei hohen Einmalzahlungen von Vorteil sein kann. Der progressive Steuertarif würde sonst unter Umständen dazu führen, dass die Arbeitnehmerin in eine höhere Steuerklasse rutscht und damit mehr Einkommensteuer zahlen muss.

Bisherige Lage

Bisher erfolgte die Berechnung direkt bei der Lohnsteuer, was mit einem hohen bürokratischen Aufwand und gewissen Haftungsrisiken verbunden war. Um die Fünftelregelung anwenden zu können, mussten die Arbeitgeberinnen die Einkünfte ihrer Arbeitnehmerinnen genau kennen. Sie mussten sich darauf verlassen können, dass die Arbeitnehmerinnen alle Nebeneinkünfte offenlegen. Auch die Berechnung des Steuervorteils selbst war relativ komplex und oblag ebenfalls den Arbeitgeberinnen. Es musste sichergestellt werden, dass die Einmalzahlung korrekt auf fünf Jahre verteilt wurde und die Steuervorteile im Rahmen der Lohnsteuerbescheinigung korrekt berücksichtigt wurden. Zudem mussten umfangreiche Nachweise erstellt werden, um bei einer Betriebsprüfung die Anwendung der Fünftelregelung belegen zu können. Hinzu kam, dass die Lohnabrechnungsprogramme regelmäßig aktualisiert werden mussten, um den gesetzlichen Anforderungen der Fünftelregelung gerecht zu werden. Gesetzesänderungen oder neue Anforderungen der Finanzverwaltung mussten durch regelmäßige Updates der Programme zeitnah umgesetzt werden. Fehler oder Verzögerungen bei den Updates konnten zu fehlerhaften Abrechnungen und damit zu steuerlichen Nachteilen oder Haftungsrisiken führen. Bei steuerlichen Fehlern konnte das Finanzamt Nachzahlungen fordern, für die nach der bisherigen Regelung die Arbeitgeberinnen haften.

Was ändert sich ab 2025

Ab 2025 sollen vor allem die Arbeitgeberinnen entlastet werden. Die Arbeitgeberinnen sollen nicht mehr für die Anwendung der Fünftelregelung verantwortlich sein. Stattdessen müssen die Arbeitnehmerinnen selbst aktiv werden, wenn sie davon profitieren wollen. Die Fünftelregelung wird nicht mehr direkt von der Arbeitgeberin bei der Lohnsteuerbescheinigung angewendet, sondern jede Arbeitnehmerin muss sie eigenverantwortlich in ihrer Steuererklärung am Jahresende geltend machen. Diese Neuerung erhöht den Bedarf der Arbeitnehmerinnen an steuerlicher Beratung, insbesondere bei komplexeren finanziellen Verhältnissen. Allerdings ist es mit der neuen Regelung nicht mehr notwendig, alle steuerlich relevanten Einkünfte gegenüber der Arbeitgeberin offen zu legen. Für Arbeitgeberinnen hingegen entfällt der bisherige Aufwand für die Anwendung der Fünftelregelung im Lohnsteuerverfahren, was zu einer deutlichen bürokratischen Entlastung führen wird. Zudem sollen mögliche Fehlerquellen im Abrechnungsverfahren reduziert werden.

Die Änderung der Fünftelregelung durch das Wachstumschancengesetz verlagert die Verantwortung von den Arbeitgeberinnen auf die Arbeitnehmerinnen. Dies reduziert den Verwaltungsaufwand auf Seiten der Unternehmen.

*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.