Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat eine wichtige Entscheidung zur Zulässigkeit einer Nebenintervention getroffen. Das Gericht entschied, dass eine an einem Bauvorhaben beteiligte Firma ein rechtliches Interesse an einem Prozess zwischen der Klägerin und der Beklagten hat.

Was ist eine Nebenintervention?

Eine Nebenintervention liegt vor, wenn sich eine dritte Person in einen laufenden Rechtsstreit, der grundsätzlich nur zwischen den zwei Hauptparteien, nämlich der Klägerin/dem Kläger und der Beklagten/dem Beklagten* stattfindet, einschaltet, weil sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass eine der Hauptparteien gewinnt. Der Nebenintervenient unterstützt eine der Parteien, ohne selbst Kläger oder Beklagter zu sein.

Sachverhalt

Der Rechtsstreit betrifft ein Bauprojekt, an dem mehrere Unternehmen beteiligt sind. Die Klägerin, ein Ingenieurbüro, war von der Beklagten mit der Tragwerksplanung für das Bauvorhaben beauftragt worden. Bei dem Bauvorhaben sollten bestehende Gebäude mit vorgefertigten Holzmodulen aufgestockt werden. Mit der Herstellung dieser Holzmodule hatte die Beklagte ein anderes Unternehmen, die Nebenintervenientin, beauftragt. Die Nebenintervenientin behauptete, das gesamte Bauvorhaben habe sich verzögert, weil die Klägerin die erforderlichen Ingenieurleistungen nicht rechtzeitig erbracht habe. Dadurch sei es zu einem Baustillstand gekommen, der der Nebenintervenientin erhebliche Mehrkosten verursacht habe. Sie machte deshalb Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend.

Gleichzeitig verlangte die Klägerin von der Beklagten ihre Vergütung für die erbrachten Ingenieurleistungen. Die Beklagte lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, sie werde die ausstehende Vergütung mit den Schadensersatzansprüchen der Nebenintervenientin aufrechnen. Diese Forderungen seien allein durch das Verhalten der Klägerin entstanden. Die Beklagte wollte also den geforderten Schadensersatz von der Vergütung der Klägerin abziehen.

Wie kam es zur Nebenintervention?

Im Prozessverlauf hatte die Beklagte der Nebenintervenientin den Streit förmlich verkündet. Das heißt, sie informierte die Nebenintervenientin über den Prozess und gab ihr die Möglichkeit, sich zur Wahrung ihrer eigenen Interessen daran zu beteiligen. Die Nebenintervenientin trat daraufhin dem Verfahren auf Seiten der Beklagten bei. Sie wollte damit erreichen, dass das Gericht die tatsächliche Verantwortung der Klägerin für den Baustillstand anerkennt.

Die Klägerin war mit dieser Nebenintervention nicht einverstanden und machte geltend, dass der Nebenintervenientin das erforderliche rechtliche Interesse an dem Verfahren fehle. Sie sei nicht unmittelbar betroffen, sondern nur wirtschaftlich am Ausgang des Verfahrens interessiert.

Das Landgericht (LG) Frankfurt teilte in erster Instanz die Auffassung der Klägerin nicht und entschied in einem Zwischenurteil, dass die Nebenintervention zulässig sei. Gleichzeitig hat es der Nebenintervenientin die Kosten des Zwischenstreits auferlegt. Gegen diese Entscheidung legten sowohl die Klägerin als auch die Nebenintervenientin Berufung ein. Erstere, um die Zulassung der Nebenintervention zu verhindern, letztere, um die Kosten des Zwischenstreits zu vermeiden

Entscheidung des OLG Frankfurt

Auf die Berufung der Klägerin bestätigte das OLG die Entscheidung der Vorinstanz. Das Gericht ging davon aus, dass die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse gemäß § 66 ZPO am Obsiegen der Beklagten habe. Die Beklagte hatte im Prozess gegen die Werklohnforderung der Klägerin mit den Schadensersatzansprüchen der Nebenintervenientin aufgerechnet. Wäre das Gericht nun zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin kein Verschulden am Baustillstand trifft, hätte dies eine negative Interventionswirkung auf den Schadensersatzanspruch der Nebenintervenientin. Die negative Interventionswirkung ist eine Rechtsfolge der Nebenintervention nach § 68 ZPO. Sie bedeutet, dass der Nebenintervenient an das Urteil des Hauptprozesses gebunden ist, wenn er sich später selbst in einem Prozess mit einer der Hauptparteien befindet. Er kann sich also im Folgeprozess nicht auf eine abweichende Sach- oder Rechtslage berufen, wenn diese bereits im ersten Prozess entschieden wurde. Hätte das Gericht im vorliegenden Fall also festgestellt, dass die Klägerin den Baustillstand nicht zu vertreten hat, hätte die Nebenintervenientin dies in einem Folgeprozess nicht mehr anders darstellen können. Sie hätte ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht mehr erfolgreich durchsetzen können, weil bereits festgestellt worden wäre, dass die Klägerin den Baustillstand nicht zu vertreten hat.

Nach Auffassung des OLG besteht daher ein unmittelbares rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten.

Allerdings änderte das OLG die Kostenentscheidung der Vorinstanz ab. Es stellte klar, dass bei einer Nebenintervention die Kosten des Zwischenstreits grundsätzlich von der widersprechenden Partei, hier der Klägerin, zu tragen sind. Die Klägerin wurde daher verpflichtet, die Kosten der Nebenintervenientin zu tragen.

*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.