Sachverhalt
Verstorben und damit Erblasser war ein Gastwirt aus Ostfriesland. Dieser hatte auf einem Kneipenblock ein handschriftliches Testament erstellt, mit welchem er unter Angabe des Datums seiner Partnerin unter Verwendung ihres Spitznamens „alles“ zukommen ließ. Die Partnerin beantragte unter Vorlegung des von ihr gefundenen Kneipenblocks einen Erbschein.
Die gesetzlichen Erben, die Kinder der verstorbenen Schwester des Erblassers, wandten hiergegen ein, dass die Handschrift auf dem Zettel nicht die des Erblassers sei, und dass weder hinreichend feststellbar sei, dass mit dem Spitznamen tatsächlich die Partnerin gemeint war, noch dass es sich beim Kneipenblock tatsächlich um ein Testament handele.
Die Entscheidung des OLG
Das Amtsgericht Westerstede sah die Partnerin nicht als Erbin an, da es den erforderlichen Testierwillen nicht für feststellbar hielt.
Das Oberlandgericht Oldenburg (OLG) gelangte zu einer anderen Bewertung.
Es nutzte die Gelegenheit, um sich generell zur Feststellungslast der Echtheit eines Testaments zu äußern. Da eine absolute Gewissheit über die Echtheit eines Testaments im naturwissenschaftlichen Sinne fast nie zu erreichen sei, muss für die richterliche Überzeugung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt, genügen. Die Feststellungslast hätte die Partnerin zu tragen. Das folge bereits aus dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht beansprucht, auch den Beweis für dessen Entstehung zu liefern hat (sogenannte Rosenbergsche Formel).
Unter Anwendung dieser Grundsätze war der 3. Zivilsenat von der Echtheit des Testaments überzeugt.
Nach Vergleich des Kneipenblocks mit vom Erblasser unterschreibenden Vergleichsproben, stand für das OLG fest, dass der Erblasser den Kneipenblock-Testament selbst verfasst haben muss. Gegen eine Fälschung spräche insbesondere die Formulierung des Testaments. Der Kneipenblock enthielt gerade nicht die üblichen Formulierungen wie „Testament“, „letzter Wille“, „Erbe“ und ähnliches. Das OLG hält es jedoch für naheliegend, dass ein „Fälscher“ solche Begriffe verwenden würde. (Inwiefern das OLG damit eine Gebrauchsanleitung zur Fälschung eines Testaments erstellt hat, bleibt abzuwarten.)
Die Verwendung des Spitznamens der Partnerin ließe im Wege der Auslegung und der Erforschung des tatsächlichen Willen des Erblassers einen ausreichend bestimmten Bezug zur Partnerin zu, da der Erblasser diesen Spitznamen erwiesen über 30 Jahre benutzte.
Der Testierwille grenzt das Testament von bloßen Entwürfen und Ankündigungen ab, die keine letztwilligen Verfügungen darstellen. Die Rechtsverbindlichkeit der letztwilligen Verfügung muss außer Zweifel stehen.
Dabei sind strenge Anforderungen an den Nachweis des Testierwillen zu stellen, wenn die Form oder Aufbewahrung des Schriftstücks, nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht. Ein zwingender Schluss auf die Entwurfsqualität bei Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort gibt es jedoch nicht. So hielt das OLG den Kneipenblock nach Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere der Eigenart des Erblassers, wichtige Dokumente hinter dem Tresen zu lagern, trotz seiner Ungewöhnlichkeit für ein Testament, aus welchem sich ein Testierwille ergibt.
Fazit
Das OLG bestätigt somit die Möglichkeit der Errichtung „ungewöhnlicher“ Testamente. Das Urteil zeigt jedoch gleichzeitig, dass die Feststellbarkeit der Echtheit des Testaments mit Streitpotential und Beweisschwierigkeiten behaftet ist. Dies kann durch eine rechtliche Beratung vermieden werden.