Sachverhalt

Ein Vater setzte zwei seiner drei Kinder als Erben ein. Die Kinder wurden sodann Parteien eines Rechtsstreits.

Die auf den Pflichtteil beschränkte Tochter des Erblassers, die spätere Klägerin, verlangte von ihren Geschwistern, den späteren Beklagten, die Erstellung des Nachlassverzeichnisses und die Zahlung des ihr zustehenden Pflichtteils. Nach einem erneuten, nunmehr anwaltlich vertretenen Versuch, erteilten die Beklagten ein erstes, teilweise noch lückenhaftes Nachlassverzeichnis und im Nachgang ein Verkehrswertgutachten zu einer Eigentumswohnung. Daraufhin errechnete sich die Tochter einen saldierten Nachlasswert von mindestens 354.795,96 EUR und damit ein Pflichtteilsanspruch von mindestens 59.132,66 EUR. Sie forderte sodann eine Abschlagszahlung von 50.000 EUR.

Diese 50.000 EUR Mindestpflichtteil machte die Tochter gerichtlich als bezifferte Teilklage in Kombination mit einer Stufenklage gerichtet auf einen unbezifferten ordentlichen Pflichtteil und gegebenenfalls Pflichtteilsergänzungsansprüche einschließlich vorbereitender Hilfsansprüche auf Auskunft und Werteermittlung geltend.

Die Teilklage hielten die Beklagten für unzulässig, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Nachlass doch anders darstelle.

Entscheidung Landgericht Waldshut-Tiengen (LG)

Das LG gab der Teilklage auf die Zahlung der 50.000 EUR vollumfänglich statt. Die besonderen Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 Zivilprozessordnung lägen vor.

Dem Interesse der Klägerin, die tatsächliche Durchsetzbarkeit des Teilanspruchs nicht gefährdet zu sehen und über die ihr zustehenden Mittel zu verfügen, stünden den Interessen der Beklagten nicht entgegen. Der Mindestnachlasswert sei zwischen den Parteien unstreitig und die Klägerin habe einen ausreichenden Sicherheitsabschlag im Vergleich zum vorläufig errechneten Mindestanspruch vorgenommen. Die Beklagten hätten zudem keine konkreten substantiierten Umstände für die Möglichkeit zusätzlicher Nachlassverbindlichkeiten in dieser Größenordnung vorgetragen, weswegen die Gefahr eines Widerspruchs zwischen Teil- und Schlussurteil nicht bestehe.

Gegen dieses Urteil legten die Beklagten Berufung ein. Der Nachlass sei noch nicht vollständig aufgeklärt, da derzeit noch ein notarielles Nachlassverzeichnis errichtet werde, bei welchem ein Auftauchen von bislang nicht berücksichtigten Schulden nicht ausgeschlossen werden könne.

Entscheidung Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG)

Das OLG hielt das Teilurteil für unzulässig und damit die Berufung für begründet.

Das OLG skizzierte zunächst allgemein die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Teilurteilen. Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Teilurteil nur zulässig, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgehen wird, und damit die (auch nur theoretische) Gefahr sich widersprechender Teilurteile ausgeschlossen ist. Die Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils, welche sich nach den Voraussetzungen des § 301 ZPO beurteilt, sei unabhängig von der Zulässigkeit einer Teilklage, die im Wesentlichen lediglich die Teilbarkeit des Anspruches betrifft.

Speziell für den Fall der Verbindung eines bezifferten Mindestpflichtteilsanspruchs mit einer Stufenklage, die in letzter Stufe auf Zahlung eines noch zu beziffernden Pflichtteils gerichtete ist, bestehe divergierende Rechtsprechung.

So hätten verschiedene Oberlandesgerichte ein derartiges Teilurteil grundsätzlich abgelehnt. Es beschwöre die Gefahr einander widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen herauf, indem es die Möglichkeit einer Abweisung der Stufenklage mit der Begründung des Bestehens eines, im Verhältnis zum bereits verurteilten Mindestpflichtteils, geringeren Pflichtteilsanspruches schaffe.

Teilweise werde der Erlass eines Teilurteils großzügiger gehandhabt und jedenfalls dann als zulässig angesehen, wenn zweifelsfrei geklärt ist, dass dem Gläubiger ein bestimmter Mindestpflichtteil zusteht, oder ein Mindestnachlasswert zwischen den Parteien unstreitig ist. Eine Gefahr widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen werde hinsichtlich der Verfahrenslage dann nicht als gegeben angesehen.

Eine Entscheidung zugunsten einer der beiden Auffassungen bedurfte es aus Sicht des OLG im vorliegenden Fall nicht. Im Gegensatz zur Eingangsinstanz sah das OLG den Nachlasswert weder als unstreitig, noch als zweifelsfrei feststehend an.

Die Erteilung des Nachlassverzeichnisses, sowie die Beibringung der beiden Verkehrswertgutachten stellen die Erfüllung materieller Ansprüche dar, mit der Funktion dem Gläubiger eine Prozessrisikoanalyse zu erlauben. Nicht hingegen sie es ein bereits verbindliches Prozessvorbringen, zumal die Beklagten in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich auf das Nichtfeststehen des Nachlasswertes hinwiesen. Der Nachlasswert sei mithin nicht unstreitig gewesen.

Es habe auch noch kein Mindestnachlasswert zweifelsfrei festgestanden, da weder ausgeschlossen werden konnte, dass die Ermittlungen des Notars weitere Passiva zutage fördern würden, noch dass das Gericht bezügliche der Aktiva zu wesentlich niedrigeren Werten gelangen würde. Das möge nicht sonderlich wahrscheinlich sein, könne jedoch auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitspuffers nicht ausgeschlossen werden.

Das OLG hat die Sache an das LG zurückgewiesen.

Fazit

Das OLG hat bezüglich der konkreten Anforderungen an die Zulässigkeit von Teilurteilen in Kombination mit unbezifferten Stufenklagen zwar keine abschließende Entscheidung getroffen, die Schwelle für eine Teilklage jedoch hoch angesetzt. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es hierzu noch nicht. Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung in einem ähnlich gelagerten Fall ausdrücklich offengelassen.

Das Urteil zeigt neben der zivilprozessrechtlichen Komponente eindrücklich das Streitpotential, was die Regelung seines Nachlasses nach sich ziehen kann. Um emotionalen und rechtlichen Streitigkeiten vorzubeugen, ist professionelle Beratung erforderlich.

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