Was war passiert?
Im vorliegenden Fall geht es um einen Rechtsstreit zwischen einer Verwertungsgesellschaft (Klägerin) und einem Buchverlag (Beklagte). Urheber/Urheberinnen können Rechte und Ansprüche im visuellen Bereich an die Klägerin abtreten. Die Klägerin kann diese Rechte dann gerichtlich geltend machen. Die Beklagte betreibt einen Buchverlag, der Reiseführer für das Ruhrgebiet herausgibt. In den Führern werden unter anderem Drohnenaufnahmen von Kunstinstallationen gezeigt. Die Urheber/Urheberinnen* dieser Werke haben mit der Klägerin Wahrnehmungsverträge geschlossen, so dass diese die Urheberrechte für die Urheberinnen wahrnehmen kann. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Bildveröffentlichungen in den Reiseführern der Beklagten die an den Werken bestehenden Urheberrechte verletzen. Luftbildaufnahmen mit Hilfe von Drohnen seien nicht von der unionsrechtlich garantierten Panoramafreiheit gedeckt. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch.
Instanzenzug
Der Fall wurde in erster Instanz vor dem Landgericht Bochum verhandelt, das der Klägerin Recht gab. Die Beklagte legte daraufhin beim Oberlandesgericht Hamm Berufung ein. Das Oberlandesgericht setzte den zu zahlenden Schadensersatz herab, wies die Berufung aber im Übrigen zurück. Die Beklagte legte Revision beim Bundesgerichtshof ein.
Die Entscheidung des BGH
Die Revision bleibt erfolglos. Der Bundesgerichtshof gibt der Klägerin Recht. Im vorliegenden Fall kommt es entscheidend auf die Auslegung der Panoramafreiheit an. Die Panoramafreiheit ist in der EU-Copyright Richtlinie verankert und in Deutschland in § 59 Urheberrechtsgesetz (UrhG) umgesetzt. Zweck dieser Regelung ist die erlaubte Verbreitung und Vervielfältigung von Werken, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum befinden. Damit soll der Zugang zum öffentlichen Raum einschließlich der dort befindlichen Kunstwerke für jedermann ermöglicht werden. Die Veröffentlichung solcher Aufnahmen ist jedoch nur zulässig, wenn sie an Orten angefertigt werden, die der Allgemeinheit zugänglich sind. Der BGH kam jedoch wie die Vorinstanzen zu dem Ergebnis, dass Drohnenaufnahmen eine Perspektive bieten, die der Allgemeinheit unter normalen Umständen gerade nicht zugänglich ist. Wer aus der Luft fotografiere, benötige daher die Erlaubnis der Urheberin, etwa in Form einer Lizenz. Die Erlaubnis sei insbesondere dann wichtig, wenn die Aufnahmen für kommerzielle Zwecke genutzt würden, wie im vorliegenden Fall zur Illustration eines Reiseführers. In einem solchen Fall überwiege das berechtigte Interesse der Urheberin, an der wirtschaftlichen Verwertung ihres Werkes angemessen beteiligt zu werden, gegenüber der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Fotografin. Diese Auslegung des § 59 UrhG stehe auch im Einklang mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 lit. h der EU-Copyright (Richtlinie 2001/29/EG).
Die Vervielfältigung und Verbreitung mittels Drohnenaufnahmen stellen daher keine erlaubte Nutzung im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG dar, so der BGH. Inwiefern diese Rechtsauffassung mit dem technischen Fortschritt und der Realität, dass der Blick von oben auch der Allgemeinheit zugänglich und möglich ist, mithält, bleibt dahingestellt. Die Intention des BGH ist jedenfalls nachvollziehbar.
*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.