Nach dem Tod ihrer Großmutter, verkaufte die Enkelin den Grundbesitz der Großmutter. Dabei handelte sie nicht im eigenen Namen, sondern aufgrund einer Vollmacht. Weiterhin wurde zwischen dem Käufer und der Enkelin im Namen der Großmutter eine Eigentumsübertragungsvormerkung, eine Grundschuld und ein Wohnungsrecht bewilligt und eingetragen. Daraufhin beantragte die Enkelin unter anderem den Käufer als Eigentümer ins Grundbuch einzutragen.

Erbrecht Vollmacht Testament


Das Grundbuchamt verlangte einen Erbschein von der Enkelin, da es aufgrund eines Testaments der Großmutter von der Alleinerbenstellung der Enkelin überzeugt war und daher davon ausging, dass die Vollmacht der Enkelin mit dem Tod der Großmutter erloschen war.

Nachdem das Amtsgericht Kassel (Grundbuchamt) einer Beschwerde der Enkelin nicht abhalf, wurde die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) vorgelegt.

Entscheidung des OLG

Zunächst stellt das OLG fest, dass eine Vollmacht nach anerkannter Auffassung in der Weise erteilt werden könne, dass sie von dem/der Bevollmächtigten* auch nach dem Tod des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann. Eine solche Vollmacht wurde hier ausdrücklich erteilt, sodass die Wirkungen der rechtsgeschäftlichen Erklärungen in der Person der Erbin einträten, ohne dass dieser Umstand benannt werden müsse.

Das Grundbuchamt verwies auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm, Beschluss vom 10.01.2013 (15 W 79/12), die in einem ähnlich gelagerten Fall die Vollmacht als durch Konfusion erloschen angesehen hatten. Die Wirkungen der rechtsgeschäftlichen Erklärung eines den Vollmachtgeber allein beerbenden Bevollmächtigten könnten nur ihn selbst betreffen, weshalb es an einer die Stellvertretung voraussetzenden Personenverschiedenheit fehle.

Das OLG ließ offen, ob es sich der umstrittenen Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm anschließen würde.

Denn im konkreten Fall handelte die Enkelin ausdrücklich im Namen der Großmutter. Sie legte den Tod ihrer Großmutter auch nicht offen, anders als der Bevollmächtigte in der Rechtssache des Oberlandesgerichts Hamm. Ein Offenlegen oder eine Benennung der Erben benötige es auch nicht, weshalb das Grundbuchsamt bei Vorlage der Vollmachtsurkunde von deren Fortbestand auszugehen hatte. Unabhängig von einem möglichen Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion, sei das Außenverhältnis durch die gesetzlichen Rechtsscheinsvollmachten, §§ 170-173 Bürgerliches Gesetzbuch geschützt. Die Legitimationswirkung der Vollmacht bestehe im Außenverhältnis auch bei Erlöschen der Vollmacht fort, weshalb das Erlöschen nicht gleichbedeutend mit einer Wirkungslosigkeit sei.

Ein Erlöschen des Rechtsscheins könne sich lediglich aus einem Nachweis über die Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten ergeben. Das dem Grundbuchamt bekannte Testament könne einen solchen Nachweis nicht darstellen. Das wäre ein Widerspruch zum Grundsatz der strikten Nachweisbeschränkung des § 35 Grundbuchordnung. Die Prüfung der Erbenstellung sei dem Erbscheinsverfahren vorbehalten, weshalb die Legitimationswirkung der Vollmachtsurkunde durch die Kenntnis des Grundbuchamts von einem Testament nicht durchbrochen werde.

Danach ist die Beschwerde der Enkelin erfolgreich.

*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.