Das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Dokumentation der geleisteten Arbeit als Teil der Arbeitspflicht zu verstehen ist und daher mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin kann die Dokumentation nicht nachträglich einfordern.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Verleihunternehmen. Sie hatte den Beklagten als Elektrotechniker im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses an die Firma G überlassen. Der Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag mit der Klägerin verpflichtet, sich seine Arbeitszeiten wöchentlich durch einen Tätigkeitsnachweis vom Entleiher bestätigen zu lassen. Die Klägerin hatte der Firma G den Einsatz des Beklagten in Rechnung gestellt. Diese Rechnungen wurden von der Firma G jedoch nie beglichen, weshalb die Klägerin behauptete, die Arbeitszeiterfassung des Beklagten zu benötigen, um ihre Forderungen gegenüber der Firma G durchsetzen zu können.

Der Beklagte kündigte jedoch das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.05.2022 und trat ab dem 01.06.2022 in ein direktes Arbeitsverhältnis mit der Firma G. Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten aufgrund der dreimonatigen Kündigungsfrist erst zum 30.09.2022 geendet habe. Sie verlangt daher die nachträgliche Herausgabe der Tätigkeitsnachweise sowie Schadensersatz in Höhe der nicht bezahlten Rechnungen.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Arbeitsgericht Berlin hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Es sah keine einklagbare Verpflichtung zur nachträglichen Dokumentation der geleisteten Arbeit und wies auch den Schadensersatzanspruch zurück. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass die nicht beglichenen Rechnungen kausal auf die fehlenden Tätigkeitsnachweise zurückzuführen waren.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung beim LArbG Berlin-Brandenburg ein.

Entscheidung des LArbG

Nach Auffassung des LArbG handelt es sich bei der Pflicht zur Dokumentation der Arbeitsleistung um eine Nebenpflicht im Rahmen der geschuldeten Arbeitsleistung. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalle diese Pflicht. Da es sich um eine Fixschuld handele, könne der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin* die Erfüllung nicht nachträglich verlangen. Unter einer Fixschuld versteht man eine Verpflichtung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer bestimmten Frist zu erfüllen ist. Wird sie nicht fristgerecht erfüllt, kann die Leistung nicht mehr nachgefordert werden. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Tätigkeitsnachweise während des laufenden Arbeitsverhältnisses hätten erbracht werden müssen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand kein Anspruch mehr auf Nacherfüllung.

Zudem habe die Klägerin den kausalen Schaden nicht hinreichend darlegen können. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass die Firma G die Zahlung der Rechnungen gerade wegen der fehlenden Tätigkeitsnachweise verweigert hat. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe ihre Rechnungen gegenüber der Firma G nicht durchsetzen können, weil der Beklagte die erforderlichen Tätigkeitsnachweise nicht vorgelegt habe. Sie machte daher gegenüber dem Beklagten geltend, dass ihr durch dessen Versäumnis, die Arbeitszeit zu dokumentieren, ein Vermögensschaden entstanden sei. Mit ihrer Klage versuchte sie, diesen Schaden nicht von der Firma G, sondern vom Beklagten ersetzt zu bekommen, da dieser vertraglich zur Vorlage der Nachweise verpflichtet gewesen sei. Aus Sicht des Gerichts konnte die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch jedoch nicht ausreichend begründen, da sie nicht nachweisen konnte, dass die Firma G die Zahlungen ausschließlich wegen der fehlenden Nachweise unterlassen hatte. Außerdem sei die Nachweispflicht des Beklagten mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohnehin erloschen.

Das Gericht stellte zudem klar, dass ein Schadensersatzanspruch auch die Anrechnung ersparter Aufwendungen erfordere. Allerdings hatte die Klägerin selbst die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten zum 31.05.2022 bestritten und behauptet, das Arbeitsverhältnis habe bis zum 30.09.2022 fortbestanden. Damit wäre sie weiterhin zur Lohnzahlung verpflichtet gewesen. Sie hätte der Beklagten das Entgelt für die Monate Juni bis September zahlen müssen. Da sie dies nicht getan habe, sei ihr eine Ersparnis entstanden, die sie mit dem entgangenen Gewinn aus den nicht bezahlten Rechnungen der Firma G hätte verrechnen müssen. Sie habe diese ersparten Aufwendungen jedoch nicht berücksichtigt, was aber für einen Schadensersatzanspruch erforderlich gewesen wäre.

* Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.