Zum 1. Januar 2025 tritt das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) in Kraft. Mit diesem Gesetz verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die deutsche Wirtschaft von übermäßigen bürokratischen Lasten zu befreien und gleichzeitig die Digitalisierung voranzutreiben. Das BEG IV ist Teil einer umfassenderen Initiative zur Modernisierung administrativer Prozesse und soll den Abbau bürokratischer Hindernisse und die Förderung effizienter, digitaler Abläufe in Unternehmen und Behörden bewirken.
Zentral ist neben der Digitalisierung von Arbeitsverträgen, die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre, was Unternehmen Lagerkosten und Aufwand spart. Steuerbescheide können ab 2026 standardmäßig elektronisch bereitgestellt werden und öffentliche Versteigerungen sowie Elterngeldanträge werden durch digitale Verfahren erleichtert. Branchenspezifische Neuerungen betreffen unter anderem Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüferinnen, die ihre Prüfungs- und Meldeprozesse digitalisieren können sowie die Flugabfertigung, die durch digitales Reisepass-Scanning beschleunigt wird. Vermieter und Vermieterinnen* dürfen künftig Belege zu Betriebskostenabrechnungen digital bereitstellen. Zusammen mit den arbeitsrechtlichen Erleichterungen fördert das BEG IV eine moderne und effiziente Verwaltung, von der Unternehmen und Bürger gleichermaßen profitieren sollen.
Bisherige Rechtslage
Die Notwendigkeit zur Anpassung der gesetzlichen Vorgaben ergibt sich aus der zunehmenden Kritik an den bisherigen Regelungen. Insbesondere das Nachweisgesetz (NachwG) wurde als hinderlich für moderne Arbeitsprozesse wahrgenommen. Unternehmen waren verpflichtet, wesentliche Arbeitsbedingungen schriftlich und mit eigenhändiger Unterschrift zu dokumentieren. Diese Praxis führte zu Medienbrüchen, womit der Wechsel zwischen unterschiedlichen Formaten oder Medien im Prozessablauf gemeint ist, beispielsweise der Übergang von digitalen zu analogen Medien oder umgekehrt. In den bisherigen Regelungen zu Arbeitsverträgen bedeutete dies, dass digitale Prozesse, wie die Erstellung eines Arbeitsvertrages am Computer, durch analoge Zwischenschritte unterbrochen werden mussten, etwa durch den Ausdruck von Dokumenten, handschriftliche Unterzeichnung und die anschließende physische Archivierung. Die Ampelkoalition hat daher im Koalitionsvertrag „mehr Fortschritt wagen“ angekündigt und den Abbau bürokratischer Hemmnisse als zentrale Maßnahme formuliert. Das BEG IV ist ein entscheidender Schritt, um dieses Versprechen einzulösen.
Änderungen bezüglich digitaler Arbeitsverträge ab 2025
Bislang war es Unternehmen zwar theoretisch erlaubt, Arbeitsverträge digital abzuschließen, jedoch mussten die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich nachgewiesen werden. Dies führte in der Praxis dazu, dass Arbeitsverträge fast immer in Schriftform ausgestellt wurden, da der Nachweis dieser Bedingungen oft im Vertrag selbst erfolgte. Auch spezifische Klauseln, wie die Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf die Regelaltersgrenze, unterlagen dem Schriftformerfordernis.
Mit dem BEG IV entfallen diese Hürden einige dieser Hürden. Künftig reicht für den Nachweis wesentlicher Arbeitsbedingungen die sogenannte Textform nach § 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus. Dies bedeutet, dass Dokumente beispielsweise als PDF oder E-Mail übermittelt werden können, solange sie für Mitarbeitende zugänglich, speicherbar oder ausdruckbar sind und der Arbeitgeber eine Empfangsbestätigung einfordert. Diese Änderungen gelten auch für Anpassungen bestehender Arbeitsverhältnisse. Vertragsänderungen oder Ergänzungsvereinbarungen können ab 2025 ebenfalls digital erfolgen.
Auch die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze kann ab Januar 2025 gemäß § 41 Absatz 2 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Textform festgelegt werden. Für andere Formen der Befristung, etwa sachgrundlose Befristungen, bleibt die Schriftform oder eine qualifizierte elektronische Signatur jedoch weiterhin erforderlich, damit sichergestellt ist, dass der Arbeitnehmer eindeutig darüber informiert ist, dass sein Arbeitsverhältnis zeitlich begrenzt ist und wann es endet.
Die neuen Regelungen eröffnen Unternehmen deutlich mehr Flexibilität und senken den administrativen Aufwand. Ein vollständig digitaler Arbeitsvertrag und „Onboarding“-Prozesse zur Integration neuer Mitarbeiter in die Unternehmenskultur durch Arbeitsmaterialien, E-Learning-Plattformen und fachliche Einarbeitung sind damit erstmals weitgehend realisierbar. Dies spart Zeit, reduziert den Papierverbrauch und beschleunigt interne Abläufe.
Allerdings gibt es auch weiterhin Einschränkungen: Kündigungen, Aufhebungsverträge sowie bestimmte Branchen, die dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz unterliegen (z. B. Bau- und Gastgewerbe), sind von den Erleichterungen ausgenommen. Auch tarifvertragliche Regelungen können eigenständige Schriftformerfordernisse vorsehen.
Fazit
Mit dem BEG IV wird ein bedeutender Beitrag zur Digitalisierung der Arbeitswelt geleistet. Die Vereinfachungen bei Arbeitsverträgen erleichtern Unternehmen den Umstieg auf digitale Prozesse und fördern eine moderne Arbeitsweise. Arbeitgeber sollten jedoch die verbleibenden Ausnahmen beachten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben. Insgesamt markiert das Gesetz einen wichtigen Schritt in Richtung weniger Bürokratie und mehr Effizienz in der deutschen Wirtschaft.
*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.