Man kauft eine Sache und dann ist diese nicht so wie vereinbart und sogar defekt. Als Käufer:in besteht hier die Möglichkeit, den Rücktritt vom Kaufvertrag zu erklären. Das Ziel des Rücktritts ist die sog. Rückabwicklung, also eine Art Reset: Rückgabe der mangelhaften Kaufsache gegen Rückzahlung Kaufpreis. Doch was passiert, wenn der/die Verkäufer:in die Sache einfach nicht zurücknimmt? Laut dem Bundesgerichtshof (BGH) kommt bei einem wirksamen Rücktritt des/der Käufer*in* vom Kaufvertrag, bei Verweigerung der Rücknahme der Kaufsache zum Schadensersatz verpflichtet werden.
Es kann insofern unter Umständen eine Rücknahmepflicht bestehen, deren Verletzung im Rückgewährschuldverhältnis eine Nebenpflichtverletzung darstellen kann. Ob solch eine Pflicht in jedem Fall besteht, lässt der BGH offen.
Die Lieferung mangelhaften Schotters und die Folgen
Eine Bauunternehmerin (Klägerin) verklagte eine Baustoffhändlerin (Beklagte), bei der sie 22.000 t Recycling-Schotter kaufte. Das entspricht ca. 800 LKW-Ladungen. Die Klägerin wollte den Schotter für den Unterbau eines Parkplatzes verwenden. Nachdem der Schotter schon teilweise verbaut worden war, stellte sich heraus, dass dieser mit Arsen belastet und keine Verwendung möglich war.
Die Klägerin erklärte ihren Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Beklagten und forderte die Beklagte zur Rücknahme des Schotters auf.
Die Beklagte kam dieser Forderung nicht nach, weshalb sich die Klägerin veranlasst sah, den unbrauchbaren Schotter selbst zu entsorgen. Die dabei entstandenen Kosten macht sie im Rahmen eines Schadensersatzanspruches gerichtlich geltend.
Was die Gerichte über die Lieferung mangelhafter Waren dachten
Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken begründet seine Entscheidung, indem es dem Verkäufer zwar einen Anspruch auf Rückgewähr der Kaufsache gegen den Käufer einräumte, eine Pflicht des Verkäufers zur Rücknahme jedoch ablehnte. Ein Anspruch auf Ersatz der Entsorgungskosten käme nur in Betracht, wenn die Verkäuferin von dem Mangel, also hier der Arsenbelastung des Schotters, wusste bzw. hätte wissen müssen.
Laut OLG habe die Klägerin nicht nachweisen können, dass die Beklagte von der Arsenbelastung wusste bzw. hätte wissen müssen. Demzufolge läge, selbst wenn man der Beklagten die Pflichtverletzung unterstellen würde, kein Verschulden vor.
Es geht also zentral um die Frage ob nach dem Rücktritt vom Kaufvertrag auch eine verschuldensunabhängige Rechtspflicht der Verkäuferin zur Rücknahme der Kaufsache bestehe.
Die Klägerin legte Revision beim BGH ein.
Die Entscheidung des BGH zur Rücknahmepflicht bei Mangelhaftigkeit
Im BGH-Urteil steht die Frage ob eine verschuldensunabhängige Rücknahmepflicht der Verkäuferin bestehe jedoch dahin, da der BGH im konkreten Fall ein eigenes Verschulden der Beklagten an einer möglichen Rechtspflichtverletzung nicht ausschließt, sodass die Verkäuferin Beweise vorbringen müsste, die sie entlasten.
Die Verkäuferin habe dabei regelmäßig nicht die Pflicht zur Untersuchung der Kaufsache, wenn sie die ihr obliegende Sorgfalt beachtet habe, sodass man zunächst, wie das OLG, annehmen könnte, ein Verschulden der Beklagten sei abzulehnen. Der BGH formuliert jedoch Ausnahmefälle, in denen eine Überprüfung trotzdem hätte erfolgen müssen. Nämlich dann, wenn die Verkäuferin Garantie übernommen habe, es Anhaltspunkte für die Mangelhaftigkeit der Sache gäbe oder wenn besondere Umstände, die eine höhere Sorgfalt gebieten, vorlägen. Es könne sich um solche besonderen Umstände handeln, wenn es sich um eine hochwertige oder fehleranfällige Sache handele oder, wenn die Verkäuferin besonders sachkundig sei. Der BGH begründet im konkreten Fall das Vorliegen besonderer Umstände zum einen mit der Entsorgung der großen Menge an Schotter (22.000 t) und zum anderen hätte die Beklagte gewusst, dass die Klägerin verpflichtet war, den Schotter wegen einer Forderung aus einem parallellaufenden Verfahren zu beseitigen. Die Verkäuferin verletze ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn ihr bekannt sei, dass die Käuferin durch die Verweigerung der Rücknahme eine besondere Belastung und Gefährdung ihrer Rechte, Rechtsgüter und Interessen erleide. Solch ein Interesse könne auch sein, dass sich die finanzielle Situation der Partei nicht verschlechtere.
Es gebe zwar noch andere Rechtsschutzmöglichkeiten in Rückgewährschuldverhältnissen, jedoch sei in Fällen, in denen diese wie hier keinen ausreichenden Schutz bieten würden, § 241 Abs. 2 BGB anzuwenden. Die Beklagte könne auch nicht einwenden, dass die Rücknahme für sie unzumutbar sei, da gemäß den §§ 346 ff. BGB nach einem wirksamen Rücktritt, der Verkäuferin die Verantwortung über die Sache zugewiesen werde.
Der BGH verwies die Sache zur Entscheidung an das OLG Zweibrücken zurück.
*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.