Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: Als Influencer:in* kann man Geld verdienen. Je nach Branche und Reichweite mehr oder weniger. Die Crypto-Industrie war in den vergangenen Jahren für ihre besondere Liquidität bekannt. Hiervon profitierten nicht nur Angestellte entsprechender Marktteilnehmer, sondern auch für diese tätige Influencer. Einer davon ist Kiarash Hossainpour, der sich selbst Hoss nennt, und den Youtube-Kanal @HossCrypto betreibt. Dort teilt er nach eigenen Angaben seine Analysen, die er für seine privaten Investitionen verwendet. Hierbei machte dieser auch Werbung für verschiedene Produkte, so zum Beispiel für die mittlerweile insolvente Plattform FTX.
FTX-Pleite und die Verarbeitung auf Social Media
Im November 2022 kursierten bereits erste Gerüchte, dass die Plattform FTX in eine außergewöhnliche finanzielle Schieflage geraten sein könnte. Von Hossainpour existierte zu diesem Zeitpunkt ein auf Youtube als ,,Bitcoin Trading wie die Profis! FTX komplettes Tutorial ( + meine Tipps & Strategie)‘‘ bezeichnetes Video. Das Video hatte eine Länge von 27:30 Minuten. Die aktuellen Geschehnisse um FTX und deren Folgen für viele Anleger nahm der Youtube und Twitter Nutzer (heute X) @LightRider5 zum Anlass, sich mit dem Beitrag von Hossainpour näher zu befassen. Hierbei stieß ihm insbesondere die Art der Werbung negativ auf. Er wählte die aus seiner Sicht besonders überzogenen und überspitzten Aussagen des Influencers aus und schnitt diese zusammen, wodurch ein neues Video mit einer Länge von zwei Minuten entstand.
Hoss geht gegen kritischen Nutzer LightRider5 vor
Dieses veröffentlichte er am 08.11.2022 auf seinem Youtube-Kanal und verlinkte Hossainpour, welcher das Video auch kommentierte und sein eigenes Video rechtfertigte. @LightRider5 teilte das Video auch über seinen Twitter-Account und markierte den Influencer auch dort, wo auch dieser den Beitrag kommentierte. Nachdem der Youtuber @einfachbitcoin das Video von @LightRider5 teilte, drohte Hossainpour an, "ganz entspannt vom Jacuzzi" eine Abmahnung zu schicken. Im November 2023 ließ Hossainpour seinen Anwalt eine entsprechende Abmahnung versenden. Ob Hossainpour oder sein Anwalt in diesem Rahmen einen Jacuzzi nutzten, ist nicht bekannt. Jedenfalls wurde @LightRider5 aufgefordert es zu unterlassen, das Video ,,Bitcoin Trading wie die Profis! FTX komplettes Tutorial ( + meine Tipps & Strategie)“ und/oder Ausschnitte daraus ohne Zustimmung Hossainpour öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu bearbeiten. Mit anderen Worten sollte das besagte witzige Video nicht weiter online sein. Als @LightRider5 dem nicht nachkam, zog Hossainpour mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor das Landgericht Hamburg, um sein zuvor in der Abmahnung gesetztes Ziel weiter zu verfolgen. Ohne Erfolg. Das Landgericht gab ihm nicht Recht.
Niederlage für Influencer vor Gericht - Meinungs- und Pressefreiheit sowie Kunstfreiheit gehen gestärkt aus dem Verfahren hervor
Das Landgericht Hamburg sah insbesondere keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 97 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), da die Bearbeitung und öffentliche Zugänglichmachung des Videos ,,Bitcoin Trading wie die Profis! FTX komplettes Tutorial ( + meine Tipps & Strategie)‘‘ als Parodie im Sinne von §§ 51a und 62 Abs. 4a UrhG zulässig sei. Die Parodie müsse an vorbestehende Werke erinnern, wahrnehmbare Unterschiede aufweisen, von Humor oder Verspottung getragen sein und sich inhaltlich oder künstlerisch mit dem Werk oder einem anderen Bezugsgegenstand auseinandersetzen. Diese Kriterien seien im vorliegenden Fall erfüllt.
Weiter argumentierte das Gericht, dass die Bearbeitung des Videos durch @LightRider5 erkennbar von Humor und Verspottung geprägt sei. Der Zusammenschnitt des Videos diene einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Ursprungsvideo und wahre einen angemessenen Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen des Urhebers des ursprünglichen Videos und @LightRider5 als Nutzer.
Darüber hinaus erkannte das Landgericht Hamburg, dass kein Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bestehe, da der Zusammenschnitt des Videos weder üble Nachrede noch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Das Landgericht Hamburg wies Hossainpour auch darauf hin, dass er die Darlegungs- und Beweislast für die Unrichtigkeit der unterstellten Tatsachenbehauptung trage. Dem sei er nicht ausreichend nachgekommen. Die Kosten des Verfahrens legte das Landgericht vollständig Hossainpour auf. Die Entscheidung des Gerichts ist rechtkräftig.
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