Kann ein Arbeitnehmer seine Dienste nicht erbringen, weil sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug befindet, so steht ihm gem. § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) trotzdem ein Anspruch auf Vergütung zu. Einen etwaigen Zwischenverdienst muss sich der Arbeitnehmer jedoch anrechnen lassen. Welche Auswirkungen eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist darauf hat, musste das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern entscheiden.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der beklagte Arbeitnehmer arbeitete ab dem Jahr 2000 bei der klagenden Arbeitgeberin als Kfz-Meister in Vollzeit. Im letzten Änderungsvertrag vom 11.01.2001 vereinbarten die Parteien, dass Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden müssten und Ansprüche, die aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses herrühren, innerhalb von drei Monaten. Danach gälten diese als verwirkt.

Die Arbeitgeberin kündigte den Arbeitnehmer zuerst betriebsbedingt zum 28.02.2020 und hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum nächstzulässigen Kündigungszeitpunkt. Erneut kündigte sie noch einmal vorsichtshalber zum 31.03.2021. Auf die daraufhin vom Arbeitnehmer eingelegte Kündigungsschutzklage erklärte das Arbeitsgericht (ArbG) die Kündigung zum 28.02.2020 für unwirksam und verurteilte die Arbeitgeberin zur Zahlung von Überstundenvergütung nebst Zuschlägen, einer Erholungsbeihilfe und zur Schadensersatzzahlung wegen Nichtgewährung von Tankgutscheinen. Die spätere Kündigung sah es als wirksam an.

Mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung legte die Arbeitgeberin dagegen Berufung ein. Für den Zeitraum dieses Prozesses vereinbarte sie mit dem Arbeitnehmer, diesen unter Freistellung befristet weiter zu beschäftigen. Die Vereinbarung über die Prozessbeschäftigung beinhaltete u.a., dass sich der Arbeitnehmer einen in der Zeit der Freistellung erzielten Zwischenverdienst anrechnen lassen müsse. Im Rahmen des Berufungsprozesses erfuhr die Arbeitgeberin, dass der Arbeitnehmer seit dem 01.09.2020 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen war. Aufgrund dieser Tatsache klagte sie vor dem ArbG Stralsund auf die Rückzahlung der von ihr für die Monate Januar bis März 2021 gezahlten Freistellungsvergütung. Der Beklagte hingegen brachte vor, ein solcher Anspruch sei nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Unter Abzügen verpflichtete das ArbG den Arbeitnehmer zur Zahlung (Az. 13 Ca 244/21). Dagegen legte dieser Berufung vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern ein, welche jedoch erfolglos blieb (Az. 5 Sa 26/22).

Entscheidungsgründe

Der Arbeitgeberin stehe ein Anspruch auf Grund von ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Für die Vergütungszahlung aufgrund der Freistellung habe nach der Prozessbeschäftigungsvereinbarung i.V.m. § 615 Satz 1 und Satz 2 BGB kein Rechtsgrund bestanden.

Zwar könne der Arbeitnehmer, ohne eine Nachleistung erbringen zu müssen, seine Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber ihm nicht die Möglichkeit gebe, seine Dienste zu erbringen. So lag es auch im vorliegenden Fall, da das Arbeitsverhältnis noch bis zur Kündigung am 31.03.2021 bestand und der Arbeitnehmer freigestellt war. Jedoch müsse sich der Arbeitnehmer nach der Prozessbeschäftigungsvereinbarung in Verbindung mit § 615 BGB den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Leistungserbringung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt.

Der Beklagte hatte in diesem Zeitraum einen Zwischenverdienst bei einem anderen Arbeitgeber erzielt, über dessen Höhe er keine Angaben machte, der aber mindestens dem durch die Klägerin gezahlten Arbeitsentgelt entsprach. Der Lohnanspruch sei demnach durch Anrechnung entfallen und der Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet.

Der Anspruch sei auch nicht nach der Ausschlussfrist des Änderungsvertrages verwirkt. Es handele sich dabei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung nach §§ 305 ff. BGB, die aus der Sicht verständiger und redlicher Vertragspartner beurteilt werden müssen. Das Gericht legte die Klausel dahingehend aus, dass sie nur die Verwirkung der Ansprüche des Arbeitnehmers regele, nicht die des Arbeitgebers. Eine solche einseitige Ausschlussfrist, die nur dem Arbeitnehmer die Durchsetzung seiner Ansprüche erschwere, sei unwirksam. Außerdem fehle es an einer Regelung zum Fristbeginn.


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