Der Bundesrat hat am Freitag, den 12. Mai 2023, dem im Vermittlungsausschuss nachverhandelten Hinweisgeberschutzgesetz zugestimmt. Tag zuvor hatte der Bundestag den Kompromissvorschlag bestätigt und seinen ursprünglichen Beschluss entsprechend geändert.
Worum geht es?
Mit dem „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Hinweisgebern“ („Hinweisgeberschutzgesetz“) sollen Personen, die Missstände in Behörden und Unternehmen aufdecken, vor Kündigung und anderen negativen Folgen geschützt werden. Hinweisgeber oder auch Whistleblower tragen dazu bei, Schaden abzuwenden und Gefahren für das Gemeinwohl aufzudecken und zu unterbinden, die sonst unentdeckt geblieben wären. Sie verdienen daher Schutz vor Nachteilen, die ihnen wegen ihrer Hinweise drohen und sie von deren Veröffentlichung abhalten könnten.
Umsetzung von EU-Recht
Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz wird eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Am 16. Dezember 2019 ist die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Hinweisgebern in Kraft getreten, die bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Diese Frist hatte Deutschland verstreichen lassen. Im Februar 2022 hatte die Europäische Kommission deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und sieben weitere Mitgliedstaaten eingeleitet. Nun hat der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt und das Hinweisgeberschutzgesetz kann in Kraft treten.
Welchen Schutz bietet das Hinweisgeberschutzgesetz?
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt den Umgang mit Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen in Behörden und Unternehmen. Ebenfalls erfasst sind Hinweise auf Verstöße gegen die Verfassungstreue von Beamtinnen und Beamten. Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt nicht nur für Verstöße gegen EU-Recht, sondern auch für Verstöße gegen nationales Recht. Dies betrifft dabei sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten, soweit diese das Leben oder die Gesundheit gefährden.
Geschützt werden die hinweisgebenden Personen vor arbeitsrechtlichen Repressalien, wie Kündigung, Gehaltskürzung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung oder Mobbing. Für den Fall, dass Hinweisgeber durch Vergeltungsmaßnahmen finanzielle Nachteile erleiden, haben sie Anspruch auf Entschädigung. Das Gesetz enthält aber auch Haftungs-, Schadensersatz- und Bußgeldvorschriften für bewusst falsche Hinweise.
Wer ist von dem Gesetz betroffen und welche Regelungen sind vorgesehen?
Das Hinweisgeberschutzgesetz enthält Regelungen zur Einrichtung interner und externer Meldestellen, sowie Vorgaben zum Verfahren und zur Vertraulichkeit von Meldungen. Das Gesetz verpflichtet Behörden und Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, interne Meldewege einzurichten, die es den Beschäftigten ermöglichen, Missstände sicher zu melden. Die internen Meldewege können telefonisch, schriftlich, persönlich über eine Ansprechperson oder über ein elektronisches Hinweisgeberportal eingerichtet werden. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer externen Meldestelle beim Bundesamt für Justiz geplant. Auch die Bundesländer sollen eigene externe Meldestellen einrichten können. Neben Unternehmen sind auch öffentliche Stellen, Behörden und Gemeinden ab 10.000 Einwohnern vom Hinweisgeberschutzgesetz betroffen und müssen dieses umsetzen.
Entgegen der ursprünglich vom Bundestag beschlossenen Fassung besteht weder für interne noch für externe Meldestellen eine Verpflichtung, die Abgabe anonymer Hinweise zu ermöglichen. Es ist lediglich vorgesehen, dass die Stellen auch anonym eingehende Hinweise bearbeiten sollten.
Ab wann gilt das Hinweisgeberschutzgesetz?
Mit der Zustimmung des Bundesrates ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll im Wesentlichen einen Monat nach der Verkündung in Kraft treten - voraussichtlich also etwa Mitte Juni 2023. Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten gilt eine Übergangsfrist bis Dezember 2023, bis zu der sie ihre internen Meldestellen einrichten müssen.
Der lange Weg bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht
Bis zur Zustimmung des Bundesrates zum Hinweisgeberschutzgesetz war es ein langer Weg. Im Dezember 2022 wurde ein Gesetzentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz im Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz im Februar 2023 jedoch nicht zu. Begründet wurde die Ablehnung vor allem damit, dass das Hinweisgeberschutzgesetz weit über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgehe.
Die Bundesregierung beschloss am 5. April die Einberufung des Vermittlungsausschusses, der sich am 9. Mai auf Änderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes einigte. Es besteht nun keine Verpflichtung mehr, anonyme Hinweise über die Meldewege zu ermöglichen. Zudem wurde die maximale Höhe der angedrohten Bußgelder für bestimmte Bußgeldtatbestände von 100.000 Euro auf 50.000 Euro gesenkt. Der Bundestag hat diesen Kompromissvorschlag angenommen und der Bundesrat hat dem entsprechend geänderten Gesetz zugestimmt. Nun muss das Gesetz nur noch dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Unternehmen sollten sich daher spätestens jetzt mit dem Hinweisgeberschutzgesetz auseinandersetzen und interne Meldestellen einrichten bzw. bestehende Hinweisgebersysteme daraufhin überprüfen, ob sie den Anforderungen des Gesetzes genügen.