Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat mit Urteil vom 19.10.2022 (4 U 217/21) entschieden, dass die Darlegungs- und Beweislast für den Umstand, dass ein Bankkunde an einem Geldautomaten eine Bareinzahlung in der von ihm behaupteten Höhe vorgenommen hat, dem Einzahler selbst unterliegt.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte der Kläger Bargeld an einem Geldautomaten der Beklagten eingezahlt, wobei streitig ist, um welchen Geldbetrag es sich insgesamt handelte. Der Vorgang wurde kurze Zeit, nachdem der Automat die Geldnoten aufgenommen und mit dem Verarbeitungsvorgang begonnen hatte, abgebrochen und es erschien auf dem Display des Automaten die Meldung „Außer Betrieb“. Am Folgetag erschienen die Mitarbeiter der mit der Bestückung und Wartung des Einzahlungsautomaten beauftragten Firma zur Entstörung des Automaten. Diese fanden 300 € in der Retract-Kassette und 3.850 € auf dem Transportweg des Automaten. Die in der Retract-Kassette vorgefundenen 300 € wurden später einem weiteren abgebrochenen Einzahlungsvorgang einer anderen Kundin der Beklagten zugeordnet. Die auf dem Transportweg vorgefundene Summe in Höhe von 3.850 € wurde dem Einzahlungsvorgang des Klägers zugeordnet und dessen Konto bei der Beklagten gutgeschrieben.
Der Kläger behauptete später, er habe an dem besagten Tag Bargeld in Höhe von insgesamt 13.325 € in den Geldautomaten eingelegt. Dieser Betrag stamme aus dem Verkauf eines Motorrades. Er war der Ansicht, wer sich – wie die Beklagte – technischer Geräte bediene, habe für deren Fehlerhaftigkeit auch einzustehen. Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger mehr als den ihm gutgeschriebenen Betrag von 3.850 € eingezahlt habe. Es sei bei dem streitgegenständlichen Geldautomaten technisch ausgeschlossen, dass sich Geldbeträge außerhalb der Kassetten zur planmäßigen Ablage, des Retract-Fachs oder des Geldtransportwegs im Gerät eingelagert oder verborgen haben könnten.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat der Klage mit Urteil vom 07.10.2021 (Az. 19 O 33/17) nach Beweisaufnahme stattgegeben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.
Der 4. Zivilsenat des OLG Brandenburg hat der Berufung der Beklagten stattgegeben. Das OLG hat entschieden, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Erstattungsanspruch nach § 675 y Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht. Eine andere Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch kam vorliegend nicht in Betracht.
Die Begründung des Gerichts der Entscheidung
Bei der Einzahlung von Bargeld in den Geldautomaten handelt es sich um einen Zahlungsvorgang des Klägers im Sinne von § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB. Dieser Zahlungsvorgang war auch durch den Kläger autorisiert worden, indem er auf eigene Initiative den Geldbetrag eingezahlt hat. Damit kommt für den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch allein § 675 y Abs. 1 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht. Nach dieser Norm kann der Einzahler im Fall einer fehlerhaften Ausführung des von ihm ausgelösten Zahlungsauftrags die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Zahlungsbetrags von seinem Zahlungsdienstleister verlangen.
Die Darlegungs- und Beweislast für den Umstand, dass er den Zahlungsvorgang in der von ihm behaupteten Höhe überhaupt ausgelöst bzw. den Zahlungsauftrag mit dem von ihm behaupteten Inhalt erteilt hat, trägt der Kläger als Zahler. Hierfür spricht zum einen der Wortlaut des § 676 BGB, der nur die streitige Tatsache der ordnungsgemäßen Ausführung des Zahlungsvorgangs in Bezug nimmt, und zum anderen der Wortlaut des § 675 y Abs. 1 Satz 5 BGB a.F., der auf den Erfolg der Auftragsausführung abstellt.
Der Kläger vermochte den Beweis darüber, dass er über die im Geldautomaten gefundene Summe von 3.850 € hinaus weitere 9.475 € in den Geldautomaten eingelegt hat, nicht zu führen. Für den unmittelbaren Einzahlungsvorgang gab es keine Zeugen. Zwar hat der Kläger bei seiner Anhörung angegeben, aus dem Verkauf seines Motorrades 13.235 € erhalten zu haben, was auch durch den Käufer bestätigt wurde. Allerdings führte dies nicht zur Überzeugung des Senats, dass der Kläger diesen Betrag auch tatsächlich in den Geldautomaten eingezahlt hatte.
Vielmehr stand auf Grundlage des weiteren Beweisergebnisses zur Überzeugung des Senates nicht nur fest, dass bei der Öffnung und Durchsuchung des Automaten am Folgetag nur insgesamt 4.150 € in dem Automaten gefunden wurden; es war auch ausgeschlossen, dass weitere Geldbeträge als diese vorgefundenen vom Kläger eingezahlt worden waren. Anhaltspunkte für einen möglichen Zugriff durch Dritte bestanden nicht. Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Mitarbeiter der Beklagten Zugriff auf möglicherweise noch in der Transporteinrichtung feststeckende Geldscheine hätten verschaffen können. Für eine gezielte Manipulation des Automaten mit dem Ziel, dass Geldscheine hinter der Klappe liegen bleiben, bestehen schließlich ebenfalls keine Anhaltspunkte.