Nachdem das Gesetz zum unlauteren Wettbewerb (UWG) bereits im Jahre 2019 durch das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ reformiert wurde, kommt es nun zu einer weiteren Veränderung des Gesetzes. Die vorgenommenen Änderungen basieren auf der Umsetzung der EU-Richtlinie (2019/2161).
Die Neufassung soll Regelungen bezogen auf das Influencer-Marketing enthalten, aber auch die Transparenz auf Online-Marktplätzen erhöhen. Zudem kommt es zu einer Einführung eines Schadenersatzanspruchs für Verbraucher:innen.* Die Änderungen des UWG sollen am 28.Mai 2022 in Kraft treten.
UWG - die „Spielregeln“ eines fairen Wettbewerbs
Grundsätzlich soll das UWG einen fairen Wettbewerb ermöglichen. Es regelt, welche unlauteren geschäftlichen Handlungen von Unternehmen als unzulässig anzusehen sind und ferner nicht erlaubt sind. Dies gilt besonders bezogen auf Werbung, durch die die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen beeinflusst werden kann. Aber auch Wettbewerberinnen sollen durch das UWG geschützt werden, denn einzelne Unternehmen sollen sich keine Vorteile durch unzulässige Praktiken verschaffen.
Grundsätzlich soll also das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb geschützt werden.
Schadenersatzanspruch für Verbraucher nach § 9 UWG
Durch die Neuregelungen wird ein Schadenersatz nach § 9 UWG geschaffen, wodurch ein Verbraucherinnen direkt gegen ein Unternehmen vorgehen kann. Der Schadenersatzanspruch kann geltend gemacht werden, wenn ein Unternehmen eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Geschädigten Verbraucherinnen soll wirksam eine Möglichkeit zur Geltendmachung von verletzen Rechten zur Verfügung stehen. Sie sollen so gestellt werden, als wäre die unlautere geschäftliche Handlung nie erfolgt.
Bislang konnten Verbraucherinnen nur aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gegen unlautere Geschäftshandlungen von Unternehmen vorgehen. Nun wird Verbrauchern die Möglichkeit gegeben, gegen Unternehmen auch ohne vorherige vertragliche Beziehung vorzugehen. Hierbei tritt jedoch der Schadenersatzanspruch nach § 9 UWG hinter den sonstigen bestehenden Rechten und Ansprüchen von Verbraucherinnen aus dem BGB zurück.
Zudem kommt es zu einer Anpassung des Bußgeldkatalogs in § 19 UWG. Behörden haben die Möglichkeit, bei einer Verletzung von Verbraucherinneninteressen ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro zu verhängen. Das Bußgeld darf sogar noch höher ausfallen, wenn das Unternehmen einen Vorjahresumsatz von mehr als 1,25 Mio. Euro erzielt hat. Damit ein solches Bußgeld erzielt werden kann, braucht es nach § 5 c) UWG einen weit verbreitenden Verstoß, der sich auf mehrere Mitgliedsstaaten auswirkt.
Dual-Quality – identische Vermarktung von wesentlich unterschiedlichen Waren
Zudem wird eine Verschleierung der sogenannten „Dual Quality“ nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG verboten. Darunter zu verstehen ist das einheitliche Bewerben eines zwar identisch aussehenden, jedoch in der Qualität abweichenden Produkts. Genauer darf auf europäischer Ebene, keine identische Werbung erfolgen, wenn die Qualität und die Zusammensetzung der Produkte in den unterschiedlichen Ländern erheblich differiert. Für viele Hersteller war das einheitliche Werben eine lukrative Marketingstrategie, weswegen dies zukünftig von der Gesetzgebung verhindert werden soll.
Zwar sollen Unternehmerinnen grundsätzlich Waren unter derselben Marke in den Verkehr bringen können, obwohl deren Rezeptur in verschiedenen Mitgliedsstaaten abweicht. Unzulässig ist vielmehr eine identische Vermarktung der Produkte. Relevante Punkte für die Bestimmung einer Übereinstimmung sieht die EU-Kommission beispielsweise in der Gestaltung der Produktvorderseite. Hier kann besonders auf das Motiv, die Farben, das Firmenlogo, die Schriftart, dem Layout, den Bildern und die Form abgestellt werden. Jedoch schließt ein ausdrücklicher Hinweis, über den Unterschied der Zusammensetzung des Produkts, eine Irreführungsmöglichkeit aus. Auch kommt es zu keiner Irreführung, wenn die identische Vermarktung durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist, wie beispielsweise bei einer Einschränkung durch das Vorliegen unterschiedlicher Rohstoffe. Noch nicht geklärt ist, ob hierunter auch unterschiedliche Vorlieben der Verbraucherinnen fallen.
Transparenzpflichten auf Online-Marktplätzen und Verbraucherbewertungswebseiten
Nach der neuen Reform werden Online-Marktplätze und Vergleichsportale in § 5b Abs. 2 UWG dazu verpflichtet, den Nutzern die Möglichkeit zu verschaffen, wichtige Faktoren für die Bestimmung der Stellung im Ranking leichter einzusehen. Denn eine gute Platzierung in einem Ranking kann besonders auf die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen einwirken. Es ist deshalb wichtig, Verbraucherinnen über die Hauptparameter für die Beurteilung zu informieren.
Zudem muss diese Information auch verständlich bereitgestellt werden. Jedoch muss das Unternehmen hierbei nicht seinen Algorithmus offenlegen oder soweit ins Detail gehen, dass er Geschäftsgeheimnisse offenbaren könnte.
Auch werden Online-Marktplätze zur Aufklärung über die Handlungsform der Verkäuferin verpflichtet. Es kommt also zu einer Informationspflicht, ob es sich bei der Verkäuferin um eine Unternehmerin oder eine Privatperson handelt.
Da auch die Meinung anderer Käuferinnen immer wichtiger für die Kaufentscheidungen wird, werden Unternehmerinnen dazu verpflichtet offenzulegen, ob und wie sie eine Bewertung durch echte Kundinnen sicherstellen. Denn die Kundeninformationen sollten nur zum Kauf animieren, wenn sie auf tatsächlichen Erfahrungen basieren. Wichtig ist, dass es nicht zu einer Pflicht kommt, lediglich echte Bewertungen zu veröffentlichen. Jedoch muss das Unternehmen auch über die Unterlassung der Überprüfungsmaßnahmen informieren.
Influencer-Marketing und Kennzeichnungspflicht
Bereits im September 2021 musste sich der BGH zur Werbung via Influencer-Marketing äußern. Nun versucht die neue UWG-Novelle mehr Klarheit in diesem Bereich zu verschaffen. Es wird ferner jeder Beitrag als Werbung kennzeichnungspflichtig, durch die eine Influencerin Vermögensvorteile jeglicher Art erlangt. Es kommt zu einer Ergänzung des Begriffs der geschäftlichen Handlung nach § 2 Nr. 2 UWG, wodurch die Handlung nicht mehr nur in einem objektiven, sondern auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Absatzförderung stehen muss.
Wird die Kennzeichnungspflicht unterlassen, liegt eine verdeckte Werbung oder auch Schleichwerbung vor, denn § 5a Abs. 4 Satz 1 UWG verpflichtet zur Kenntlichmachung eines kommerziellen Zweckes, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt. Kommt es jedoch zu einer Erwähnung eines Unternehmens, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt, so liegt nach § 5a Abs. 4 Satz 2 kein kennzeichnungspflichtiger Beitrag vor. Dies soll weiterhin die Meinungsfreiheit, aber auch die Möglichkeit der Abgabe einer Empfehlung möglich machen. Die Beweispflicht, ob eine Gegenleistung durch ein Unternehmen erfolgt ist, liegt nach § 5a Abs. 4 Satz 3 UWG jedoch bei den Influencerinnen.
Am 13.1.2022 entschied der BGH jedoch in der Influencer III Entscheidung (BGH, Urteil vom 13.01.2022 – IZR 35/21), dass auch bei kostenlos zur Verfügung gestellten Produkten eine Kennzeichnungspflicht besteht, da hier eine Gegenleistung in Form der Förderung des eigenen Unternehmens weiterhin gegeben ist. Somit kann auch bei geschenkten Produkten eine kommerzielle Kommunikation vorliegen, die als #Werbung gekennzeichnet werden muss. Hierbei muss laut BGH der Kontext der Veröffentlichung in Betracht gezogen werden, also ob beispielsweise das eine Verlinkung auf die Herstellerseite vorliegt. Ist dies der Fall, so überwiegt der geschäftliche Zweck, der eine Kennzeichnungspflicht als Werbung begründet.
Laut Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum UWG sollen unter „ähnliche Gegenleistungen“ im Sinne des § 5a Abs. 4 Satz UWG auch Produkte fallen, die von „fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf“. Demnach finden die durch den BGH aufgestellten Grundsätze über die Kennzeichnungspflicht kostenlos zugesandter Produkte eine rechtliche Einkleidung in der Norm.
Durch diese Normierung wird die Rechtsunsicherheit bereinigt, die durch die unterschiedlichen Entscheidungen von Landes- und Oberlandesgerichten bezogen auf die Notwendigkeit der Gegenleistung für die Kennzeichnungspflicht entstanden ist.
*Verwenden wir in Zukunft das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind ausdrücklich immer sämtliche Geschlechter gemeint und einbezogen.