Whiskey wird auf der ganzen Welt produziert. In Amerika kennt man ihn unter dem Namen Bourbon. Als Scotch wird der Whiskey verkauft, der in Schottland produziert wird. Wenn „Glen“ auf dem Flaschenetikett steht, suggeriert man damit automatisch, dass es sich um Scotch, also einen Whiskey aus Schottland handelt, oder?
Eine schwäbische Brennerei sah dies anders und brachte seinen Whiskey unter dem Namen „Glen Buchenbach“ auf den Markt. Dagegen wehrte sich der Verband der schottischen Whiskey-Produzenten. Das Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg wies die Berufung der schwäbischen Brennerei zurück und bestätigte das vorinstanzliche Urteil (Urt. v. 20.01.2022, Az. 5 U 43/19). Die Verwendung des Wortes „Glen“ verstoße gegen die europäische Spirituosen Verordnung, denn der Ausdruck würde auf eine schottische Herkunft hindeuten.
Unter der europäischen Spirituosen Verordnung sind geografische Angaben im Lebensmittelbereich besonders vor irreführender Verwendung geschützt. Hierzu wurden zuvor Auslegungskriterien vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgestellt (EuGH, 7.6.2018- C-44/17). Zum einen kann eine indirekte Verwendung vorliegen, bei der der verwendete Begriff mit der geschützten Angabe entweder identisch ist oder klangliche/visuelle Ähnlichkeiten aufweist. Zum anderen schützt die Verordnung vor einer Anspielung in dem Sinne, dass die Allgemeinheit das Produkt aufgrund seiner Bezeichnung „unmittelbar mit der geschützten geografischen Angabe in Verbindung bringt.“ Für diese Bestimmung muss laut EuGH auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständlichen Durchschnittseuropäer abgestellt werden.
Nach der Sichtweise des OLG Hamburgs suggeriere der Begriff „Glen“ eindeutig die schottische Herkunft des Whiskeys und darf deswegen auch nur für Whiskeys verwendet werden, die in Schottland hergestellt werden. Für den Kläger und Inhaber der Brennerei ist dies nicht verständlich. Für ihn würde der Begriff „Glen“ lediglich „Tal“ bedeuten und Täler würde es ja nicht nur in Schottland geben.
Jedoch muss aufgezeigt werden, dass bereits andere Begriffe wie „Loch“ und „Highland“ oder Figuren wie Dudelsäcke oder typische „Schottenkaromuster“ bereits von der „Scotch Whisky Association“ als Anzeichen für eine schottische Herkunft gesichert wurden. Und bei dem Begriff „Glen“ werden wohl viele Verbraucher eher an eine schottische Manufaktur als an eine schwäbische denken.
Der neunjährige Rechtsstreit, der zwischenzeitlich sogar den EuGH beschäftigt hatte, findet mit der Entscheidung des OLG Hamburg wohl endlich ein Ende und stärkt hierbei den Schutz von Produkten mit geographischen Herkunftsangaben.
Kurz erklärt: Geographischen Angaben im Lebensmittelbereich nach deutschem Recht
Bestimmte Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch oder Käse können durch eine geographische Herkunftsangabe geschützt werden. Geographische Herkunftsangaben sind Angaben, die Auskunft über die Herkunft von Waren- und Dienstleistungen geben. Sie werden geregelt in §§ 126 ff. des Markengesetzes (MarkenG). Eine konkrete geografische Herkunftsbezeichnung darf nur für Waren- oder Dienstleistungen verwendet werden, die auch tatsächlich aus dem Gebiet oder dem Land stammen, auf welches sich die Angabe bezieht. Als Beispiel zu nennen sind Herkunftsangaben wie „Berliner Currywurst“, „Bayerische Breze“, „Dresdener Christstollen“, „hessischer Apfelwein“ und „Schwarzwälder Schinken“.
Obwohl geographische Angaben durch das Markengesetz geschützt werden, ist wichtig, dass sie keine Marken darstellen. Sie sind vielmehr nur mit ihnen vergleichbar, da sich, wie eine Marke, eine Art Kennzeichnungsfunktion erfüllen. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass geographische Angaben keine individuelle Schutzrechte darstellen, die auf eine bestimmte betriebliche Herkunft hinweisen sollen. Sie vermitteln kein subjektives Kennzeichnungsrecht, wodurch die Rechtsposition des Inhabers keinem Unternehmen alleine zugeordnet werden kann. Vielmehr soll der kollektive „Godwill“ der Unternehmen geschützt werden, deren Waren- und Dienstleistungen aus einem gemeinsamen Gebiet stammen.
Da die geographische Herkunftsangabe vor der Implementierung in das Markengesetz unter dem Irreführungsverbot aus § 5 des Gesetzes für unlauteren Wettbewerb (UWG) geschützt wurde, soll die Herkunftsangabe noch immer dem Schutz der Allgemeinheit vor einer Irreführung dienen. Zudem sollen geographische Herkunftsangaben über die Irreführung hinaus auch vor Verwässerung oder Ausbeutung des guten Rufes des Gebietes schützen. Sich hiervor zu schützen ist für Unternehmen besonders aus Marketing Aspekten attraktiv, aber auch um eine besonders auszeichnende Produktqualität zu gewährleisten.
Neben dem Schutz durch eine geographische Angabe gibt es noch die Möglichkeit, einen Schutz durch eine Ursprungsbezeichnung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zu erhalten. Der Unterschied zwischen den beiden besteht darin, dass an die Ursprungsbezeichnung höhere Anforderungen gestellt werden, nämlich, dass alle Produktionsschritte in dem verwendeten Gebiet erfolgen müssen. Bei der geographischen Herkunftsangabe hingegen, muss nur einer der Produktionsschritte im Herkunftsgebiet erfolgt sein sowie die entsprechende Qualität, das Aussehen und die anderen gebietsüblichen Eigenschaften vorgewiesen werden können. Hat man vor, sein Produkt mit einer geographischen Angabe oder eine Ursprungsbezeichnung zu versehen, muss hierfür ein Antrag auf Eintragung beim DPMA eingereicht werden.
Anbei eine Liste des DPMA, auf der geschützte deutsche Herkunftsangaben eingesehen werden können: https://register.dpma.de/DPMAregister/geo/liste/doFetchGeoDataList