Für Juristen ein Evergreen: Das knallige Orange der Neuen Juristischen Wochenzeitschrift (NJW). Jeder, der sich im juristischen Kosmos bewegt, kennt es. Weniger bekannt wird sein, dass dieser Farbton markenrechtlich geschützt ist. Ob die Schutzvoraussetzungen tatsächlich vorliegen, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu prüfen, als er sich mit einem Löschungsantrag bezüglich dieser Farbmarke beschäftigte (Az. I ZB 16/20). Anhand dieser Entscheidung lassen sich die Voraussetzungen für die Unterscheidungskraft einer Farbmarke, ihre Verkehrsdurchsetzung und vor allem wer die Beweislast zu tragen hat, wenn sich diese nicht zweifelsfrei feststellen lässt, anschaulich nachvollziehen.
Das Vorgeschehen
Die Antragstellerin beantragte die Löschung der Marke u.a. deswegen, weil die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung bei der nicht unterscheidungskräftigen Marke nicht vorlägen. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) wies den Löschungsantrag zurück, woraufhin sich die Antragstellerin an das Bundespatentgericht (BPatG) wandte. Auch das BPatG wies die gegen den Löschungsantrag gerichtete Beschwerde ab, da die Löschungsreife nicht festgestellt werden könne.
Eine Löschung gem. §§ 50 I, II 1, 8 II Nr. 1 Markengesetz (MarkenG) wegen fehlender Unterscheidungskraft käme nicht in Frage. Die Marke besäße zwar nicht von Haus aus Unterscheidungskraft, jedoch hätte sie sich im Verkehr durchgesetzt. Verbleibende Zweifel an der Verkehrsdurchsetzung gingen im Übrigen zulasten der Antragstellerin. Infolgedessen zog die Antragstellerin nun zuletzt vor den BGH.
Die Entscheidung des BGH
Zunächst stimmte der BGH der Vorinstanz dahingehend zu, dass der Marke die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Bei abstrakten Farbmarken sei dabei insbesondere das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit für andere Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen. Deswegen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass einer Farbmarke die Unterscheidungskraft fehle. Es lägen jedoch besondere Umstände vor, die die Annahme der Unterscheidungskraft rechtfertigten. Zum einen sei die Anzahl der Waren „Juristische Fachzeitschriften“, für welche die Marke angemeldet ist, sehr gering. Zum anderen sei auch der maßgebliche Markt sehr spezifisch, da sich die Marke an juristisches Fachpublikum wie Rechtsanwälte, Notare, Studierende oder Rechtsreferendare richte. Die Unterscheidungskraft sei letztendlich aber aus dem Grund abzulehnen, da sich der Verkehr nicht an die herkunftshinweisende Verwendung abstrakter Farben gewöhnt habe. Zwar würden Verlage ihre Fachzeitschriften regelmäßig farbig gestalten, es sei aber nicht üblich, die Farbe als Merkmal hervorzuheben. Es bestehe zwischen der Farbe und dem herausgebenden Verlag kein Bezug im Sinne einer Hausfarbe, vielmehr würden Farbe und Ware zu einem einheitlichen Erscheinungsbild verschmelzen.
Eine fehlende Unterscheidungskraft könne durch die Verkehrsdurchsetzung gem. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden werden.
Den angesprochenen Verkehrskreis stelle hier das juristische Fachpublikum dar. Maßgeblich sei, ob eine markenmäßige Benutzung vorliege. Bei einer Farbmarke sei nur ausnahmsweise von einer markenmäßigen Benutzung auszugehen, wenn diese in Werbung oder auf der Ware verwendet werde. Das liege daran, dass die Farbe häufig als Gestaltungsmittel, aber nicht zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden würde. Es gäbe zwei Ausnahmen: Wenn der Verkehr aufgrund von Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Warengebiet oder Dienstleistungssektor an die Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt sei oder wenn die Farbe im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie als Produktkennzeichen verstehen. Dass der Verkehrskreis an die Benutzung der Marke als Kennzeichen gewöhnt sei, bejahte das BPatG aufgrund zahlreicher Indizien. Unter anderem würde der Orange-Farbton spätestens seit 1976 intensiv genutzt und die Farbe dominiere die Umschläge der Fachzeitschrift. Zwar würde nicht zweifelsfrei feststehen, dass die Tatsachen und Indizien ausreichend seien, um den Nachweis als erbracht anzusehen, die verbleibenden Zweifel gingen aber zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens. Dieser Annahme stimmte der BGH nicht zu und verwies sie als „rechtsfehlerhaft“. Die bisherige Senatsrechtsprechung würde zwar dieser Annahme entsprechen. Man hätte jedoch offengelassen, ob daran angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Entscheidung „Farbmarke Rot“ (C-217/13 und C-218/13) festgehalten werden könne. Nun würde die bisherige Rechtsprechung aufgegeben werden, was bedeute, dass es dem Markeninhaber obliege, nachzuweisen, dass sich das Zeichen im Verkehr infolge von Benutzung durchgesetzt habe. Der Inhaber der Marke sei am besten in der Lage, den Beweis dafür zu erbringen.
Konsequenzen
Der Beschluss des BPatG wurde aufgehoben und über die Verkehrsgeltung des NJW-Oranges muss erneut entschieden werden. Für den Verlag bedeutet dies, dass er ergänzend zur Verkehrsdurchsetzung vortragen und ggf. ein demoskopisches Gutachten vorlegen muss. Durch diese Abkehr von der jahrelangen Rechtsprechung liegt die Beweislast nun auf Seiten des Markeninhabers.