Marken-Handtuchspender dürfen auch mit fremden Papierhandtüchern der Konkurrenz befüllt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München. Das mag jetzt den Laien im Einweg-Handtücher-Business überraschen. Tatsächlich war es, dass Hersteller von Vorrichtungen zur praktischen Entnahme von Einhandtüchern sehr genau darauf geachtet haben, dass ihre Kunden ihnen treu blieben und es unterließen, Material zur Nachbefüllung bei günstigeren Anbietern zu ordern.
Kläger war der Hersteller von Handtuchspendern TORK und Inhaber derselben Unionsmarke, welcher verhindern wollte, dass diese mit Handtüchern von Konkurrenten befüllt werden. So das Unternehmen ZVN, welches auf seiner Internetseite mit den Spendern von TORK kompatible Papierhandtücher anbot. 2021 entschied das OLG München, dass die Befüllung keine Markenverletzung darstelle (Az. U 2962/16). In einem formellen Beschluss vom 19.05.22 hat der BGH die Zulassung des Klägers zur Revision abgelehnt, wodurch das Verfahren zu Ende geht (Az. I ZR 142/21). Damit vollzieht sich ein Wandel in der seit dreißig Jahren bestehenden Rechtsprechung des BGH zum sog. „Handtuchspenderfall“.
Die Grundsatzentscheidung des BGH erging im Jahr 1987 (Az. KZR 43/85). Die Befüllung von Handtuchspendern eines Zeicheninhabers stelle einen Eingriff dar, da die Umhüllung von Waren nur ebendiesem zustände. Der Handtuchspender sei eine solche Umhüllung. In dem angebrachten Warenzeichen würden Verbraucher einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in die Spender eingelegten Handtücher erkennen. Das bedeutet: In Marken-Handtuchspender durften auch nur Marken-Handtücher eingelegt werden, und zwar lediglich die des Herstellers des Spenders.
Der Fall wurde neu aufgerollt, als TORK das Unternehmen ZVN verklagte. Schon 2016 entschied das OLG München gegen eine Markenverletzung durch ZVN. Verbraucher seien „mittlerweile daran gewöhnt, dass es bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Waren Grundgeräte gibt, deren Betrieb den Einsatz von Material erfordert, das nicht vom Hersteller des Grundgeräts stammt.“ Daraufhin wurde die Sache dem BGH vorgelegt, welcher die Auffassung des OLG München korrigierte und die Entscheidung an das Instanzgericht zurückverwies. Grundsätzlich liege bei der Auffüllung mit herstellerfremden Waren eine Markenverletzung vor, wenn der Verbraucher die Herkunft des Behältnisses auch auf die Herkunft des Inhalts verstehe. Ob eine solche Verbindung vorliege, müsse jedoch im Einzelfall beurteilt werden. Dabei sei heranzuziehen, ob die Nachfüllware selbst ein bei Benutzung sichtbares Markenzeichen trage sowie die Bedingungen, unter denen ein Austausch stattfinde. Fünf Jahre später urteilte das OLG anhand dieser Kriterien erneut. Die Bezeichnung auf dem Handtuchspender sei unabhängig von dessen Inhalt. Zwar würde der Verbraucher die Tücher nicht selbst auffüllen und wüsste deshalb nicht, dass sich die Hersteller des Spenders und der Tücher unterscheiden. Mangels Kennzeichnung der Auffüllware könne er dies auch nicht bei der Benutzung erkennen. Jedoch würden Marken im sog. „Away-From-Home-Bereich“ (Gastronomie, Tankstellen etc.) nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zuvorderst wären Funktionsfähigkeit und das Vorhandensein einer ausreichenden Menge wichtig. Im Alltag wäre der Verbraucher mit einer unübersehbaren Vielfalt von Handtuchspendern konfrontiert. Es wäre ihm gleichgültig, inwiefern Spender und Tücher zusammengehören. Das können wir aus persönlicher Erfahrung nur bestätigen. Auch wenn damit mehr als 30 Jahre Protektionismus der Handtuchspenderhersteller ein jähes Ende findet und manch ein Auge nicht trocken bleibt, ist diese Entscheidung aus markenrechtlicher Perspektive als konsequent zu begrüßen.