Betriebsschließungsversicherungen helfen Unternehmen, ihre finanziellen Schäden bei Schließung, Tätigkeitsverboten oder Vernichtung von Waren und Vorräten abzufedern. Die Wahl einer solchen Versicherung erfolgt also immer, um einen ziemlich unwahrscheinlichen Fall abzusichern. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden ab März 2020 deutschlandweit alle Gaststätten geschlossen. Es trat also ein ziemlich unwahrscheinlicher Fall ein, mit dem in dieser Form wohl niemand gerechnet hätte. Eine Schließung, auf die die Gastwirte selbst keinerlei Einfluß hatten. Versicherte Unternehmer:innen* verlangten daraufhin Ersatz der dadurch entstandenen Schäden. Demgegenüber waren die Versicherer der Meinung, diese Schäden seien nicht von der Betriebsschließungsversicherung umfasst. Nun hatte der Bundesgerichtshof (Urteil vom Az. IV ZR 144/21) in einem solchen Fall zu entscheiden und konnte für Klarheit sorgen. Zur Enttäuschung der Versicherten.

Der Sachverhalt

Zu dem zwischen dem Gaststättenbetreiber und dem beklagten Versicherer geschlossene Betriebsversicherungsvertrag lagen die „Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) – 2008“, kurz ZBSV 08 bei. § 2 ZBSV 08 regelt den Versicherungsumfang bei Betriebsschließungen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Also oberflächlich betrachtet genau den Fall, der eingetreten ist. Der Teufel steckte aber, wie so oft, im Detail. Die Haftzeit bei derartigen Schließungen wird in § 3 ZBSV 08 auf 30 Tage festgelegt. Der Kläger verlangte folgerichtig Entschädigungszahlungen für die Schließung seines Restaurants aufgrund der Covid-19-Pandemie ab dem 18.03.2020.

Die Entscheidung

Der BGH verneinte jegliche Ansprüche und wies die Revision zurück. Zwar sei die Verwirklichung einer aus dem Betrieb selbst erwachsenden, sogenannten intrinsischen Infektionsgefahr nicht Voraussetzung für die Entschädigungszahlung. Die Betriebsschließungsversicherung umfasse jedoch nicht die Verhinderung der Verbreitung von Sars-Cov-2. Der BGH argumentierte mit § 2 Nr. 2 ZBSV 08, welcher meldepflichtige Krankheiten aufzählt. Systematik und Wortlaut dieser Vorschrift sprächen dafür, dass diese Aufzählung abschließend sei. Weder Covid-19 noch Sars-Cov-2 seien davon umfasst. Das dies dem Umstand geschuldet ist, dass der Gesetzgeber den Katalog nicht aufgrund aktueller Entwicklungen angepasst hat. Es sei anzuerkennen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz habe. Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Versicherer auch für nicht im Katalog aufgeführte Krankheiten haften wolle, die unter Umständen erst nach Vertragsschluss auftreten und deren Haftungsrisiken im Hinblick auf die Prämienkalkulation völlig unklar wären. Dieses Argument ist letztlich nachvollziehbar. Auch eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergebe nichts anderes. Die Vorschrift sei weder intransparent noch würde sie den anderen unangemessen benachteiligen. Viele Gastwirte werden sich dennoch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der von ihnen vorgehaltenen Versicherung stellen.


* Verwenden wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit zukünftig das generische Femininum oder Maskulinum, beziehen wir uns immer auf sämtliche Geschlechter.