Der Vermieter hat einen Anspruch gegen den Mieter auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB, wenn er ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Mieterhöhungsverlangen an den Mieter gerichtet hat. Dieses Mieterhöhungsverlangen muss laut § 558a Abs. 1 BGB in Textform erklärt und begründet werden. Gemäß § 558a Abs. 2 BGB kann der Vermieter zur Begründung auf einen Mietspiegel im Sinne der §§ 558c, 558d BGB, eine Auskunft aus einer Mietdatenbank gemäß § 558e BGB, ein begründetes Sachverständigengutachten oder auf die Entgelte für mindestens drei einzelne vergleichbare Wohnungen Bezug nehmen.
Das AG Spandau hat nun am 10. Januar 2022 (6 C 395/21) entschieden, dass der aktuelle Berliner Mietspiegel 2021 nicht den Anforderungen der §§ 558c, 558d BGB entspricht und daher nicht gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB als in Bezug genommene Begründungsgrundlage für Mieterhöhungsverlangen dienen kann.
Im entschiedenen Fall hatte die Vermieterin in einem Schreiben im Juni 2021 den Mieter aufgefordert, einer Erhöhung der seit September 2018 unveränderten Miete zuzustimmen und zur Begründung der Erhöhung auf den „aktuellen qualifizierten Mietspiegel gem. § 558d BGB des Jahres 2021" Bezug genommen. Nach dem AG Spandau habe die Vermieterin aber ihrer Begründungspflicht nach § 558a Abs. 1 BGB nicht genügt, da der „Berliner Mietspiegel 2021“ weder die Voraussetzungen des § 558d noch die des § 558c BGB erfülle.
Gemäß § 558d Abs. 2 BGB müsse ein qualifizierter Mietspiegel alle zwei Jahre der Marktentwicklung unter Zugrundelegung einer Stichprobe bzw. Entwicklung des vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland angepasst werden und nach vier Jahren neu erstellt werden. Beim Berliner Mietspiegel 2021 handele es sich aber um eine Fortschreibung des Mietspiegels von 2019, der seinerseits eine Fortschreibung des Mietspiegels 2017 darstellte. Eine solche erneute Fortschreibung als Anpassung eines bestehenden Mietspiegels nach dem Ablauf von 4 Jahren seit der Erstellung sei demnach unzulässig und es hätte ein neuer Mietspiegel erstellt werden müssen, § 558a Abs. 2 S. 3 BGB.
Die von der zuständigen Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgenommene Auslegung der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 50 EGBGB lehnt das AG Spandau ab: Nach Art. 229 § 50 Abs. 1 S. 2 EGBGB könnten zwar bereits zum 31.12.2019 existierende Mietspiegel entsprechend nach § 558d Abs. 2 BGB innerhalb von 2 Jahren angepasst werden. Damit sollte nach dem Zweck des Gesetzes aber nicht von der Pflicht zur Neuerstellung nach § 558d Abs. 2 S. 3 BGB abgewichen, sondern den Gemeinden lediglich ein Umstellungszeitraum für die Verlängerung des für die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB maßgebenden Beurteilungszeitraums auf sechs Jahre gewährt werden. Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 229 § 50 EGBGB ergebe sich eindeutig, dass eine weitere Anpassung nach mehr als 4 Jahren nicht ermöglicht werde.
Der Berliner Mietspiegel 2021 stelle auch keinen einfachen Mietspiegel nach § 558c BGB dar, da er nicht wie nach §§ 558c, 558 Abs. 2 S. 1 BGB vorausgesetzt, eine Übersicht der ortsüblichen Vergleichsmiete, die aus den über die letzten 6 Jahre vereinbarten üblichen Entgelten für vergleichbaren Wohnraum gebildet wird, ist. Als Fortschreibung des Mietspiegels von 2019 gibt er lediglich die Entgelte der letzten vier Jahre und nicht wie gefordert der letzten 6 Jahre wieder und geht somit von einem unzutreffenden Betrachtungszeitraum aus. Auch die nach Art. 229 § 50 EGBGB gewährte zweijährige Übergangsfrist, in der noch der vierjährige Beurteilungszeitraum zugrunde gelegt werden könne, gelte ebenso für einfache Mietspiegel und sei abgelaufen.
Das AG Spandau weicht gut begründet und im Einklang mit der Gesetzesbegründung von der Auslegung des Art. 229 § 50 EGBGB durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ab, sodass der Berliner Mietspiegel 2021 keinen zulässigen Mietspiegel im Sinne des BGB darstellt und Vermieter sich nicht auf diesen als Begründung für ein Mieterhöhungsverlangen berufen können. Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte dies beurteilen und ob es zu einer obergerichtlichen Entscheidung zur einheitlichen Lösung des Problems kommen wird.
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