Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. So heißt es. Was aber, wenn das erwartete Glück ausbleibt und anstelle dessen gesundheitliche Probleme oder Auffälligkeiten im Umgang mit dem Vierbeiner auf den Plan treten. Rechtlich ist man dann im Mangelgewährleistungsrecht, denn auf Tiere finden gem. § 90a BGB die für Sachen geltenden Vorschriften Anwendung. Die Rechtsprechung hat immer wieder mit mangelhaften Hunden, Katzen und Pferden zu tun, weil Käufer der Tiere deren Verkäufer in Anspruch nehmen. Was gilt rechtlich, wenn die Erwartungen an ein erworbenes Tier nicht erfüllt werden können? Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte sich kürzlich mit einem solchen Fall befasst.

Die Klägerin hätte im Jahr 2015 einen Hengst für 65.000 Euro beim Beklagten gekauft. Dieser betreibt einen Zucht- und Ausbildungsstall für Reitpferde. Vor dem Kauf wurde das Tier zwar von einer Ärztin untersucht und auch auf seine Rittigkeit überprüft. Jedoch musste die Klägerin bereits einige Monate nach dem Erwerb einen Tierarzt aufsuchen, da das Pferd Probleme mit der sog. Anlehnung (Führung des Pferdes unter Einsatz des Zügels) hatte. Hierfür wurde das Pferdemaul des Tieres genauer untersucht und die Tierärztin diagnostizierte einen offenen rechten Maulwinkel. Zudem erkannte sie ein Überbein der linken Lade (das ist der Bereich des Gebisses in welchem keine Zähne vorhanden sind, in dem das Mundstück der Trense liegt).

Im Jahr 2017 wollte die Klägerin schließlich vom Kaufvertrag zurücktreten. Ihrer Meinung nach sei das Pferd bei Gefahrübergang (maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt des Kaufvertrages) bereits erkrankt gewesen, sodass das Überbein sowie die Vernarbungen im Mundbereich bereits vorgelegen hätten. Der Verkäufer des Tieres lehnte dies ab und die Käuferin sah eine gerichtliche Klärung ihres Anliegens als erforderlich an und reichte Klage ein. Die Käuferin blieb jedoch erfolglos. Sowohl das Landgericht Frankfurt am Main als das Oberlandesgericht Frankfurt wiesen die Klage ab.

Voraussetzungen für einen Rücktritt - Vorliegen eines Mangel

Für einen Rücktritt vom Pferdekaufvertrag muss ein sog. Sachmangel vorliegen. Dieser kann zunächst durch eine Abweichung der von den Parteien selbst vereinbarten (Soll-) Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegen oder wenn die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr.1. Die Parteien hatten im vorliegenden Fall jedoch im Kaufvertrag keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Anforderungen an die Reitfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Pferdes getroffen. Damit eine solche Vereinbarung vorliegen kann, muss sie schriftlich getroffen worden sein. Ein mündliches Anpreisen der sportlichen Fähigkeiten des Pferdes genügt nach Ansicht des Gerichts nicht.

Auch konnte nach Ansicht des Gerichts nicht angenommen werden, dass sich das Pferd nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignete. Bei der vertraglich vorausgesetzten Verwendung geht es um die konkrete Nutzung der Kaufsache durch den Käufer, die die Parteien übereinstimmend unterstellt haben. Das war hier die Nutzung als Dressurpferd im Turniersport. Der Verkäufer hat, sofern nichts Konkretes vereinbart wurde, also dafür einzustehen, dass das Tier gesund ist bzw. sich auch nicht in einem Zustand befindet, der die hohe Wahrscheinlichkeit für eine baldige Erkrankung nahelegt. Das OLG Frankfurt stellte sich also die Frage, ob das Pferd krank war oder mit einer Krankheit in naher Zukunft zu rechnen war. Hierbei stellte es darauf ab, dass unter einem krankhaften Zustand klinische Erscheinungen zu verstehen sind, wie etwa Lahmheit, pathologisch eingeschränkte Beweglichkeit oder offensichtliche Schmerzen. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass dies insbesondere bei lebendigen Tieren unsicher und letztlich spekulativ sei, bestimmte Entwicklungsprognosen vorzuschreiben, besonders wenn diese nicht ausdrücklich abgesprochen waren. Die Entwicklung von Lebewesen könne nicht vorhergesehen werden. Damit eine krankhafte Verfassung eines Tieres angenommen werden könnte, müsste eine „klinische Erscheinung“ diagnostiziert werden. Das Tier dürfe also nicht krank sein oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig erkranken. Das Fordern der „biologisch oder physiologischen Idealnorm“ würde für den Vergleich der gewöhnlichen Benutzung nicht verwendet werden können. Demnach stellen „Rittigkeitsmängel“, wenn sie auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind, keine Abweichung von der Sollbeschaffenheit des Pferdes dar.

Der Befund im Pferdemaul hingegen könne einen Sachmangel darstellen, allerdings war hier die Frage, ob dieser Mangel bereits zum Gefahrübergang vorlag. Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs greift zugunsten des erwerbenden Verbrauchers die Vermutung, dass der Mangel, sofern er sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigt, bereits bei besagtem Gefahrübergang vorlag. Dem Verkäufer steht dann der Gegenbeweis frei, den der hiesige Beklagte erfolgreich führen konnte.

In der Vergangenheit mussten sich auch der BGH mehrfach mit Pferden verschiedenster Güte auseinandersetzen. Die aus unserer Sicht relevantesten Urteile der vergangenen Jahre stellen wir Ihnen hier vor – ein Ritt durch die Rechtsprechungen zum Pferdekauf.

Das Pferd lahmt – was nun? - BGH, Urteil vom 15.01.2014 – VIII ZR 70/13

Der Beklagte hatte im Jahr 2007 ein Dressurpferd von der Klägerin im Wert von 500.000 Euro gekauft. Im Kaufvertrag wurden mögliche Gewährleistungsrechte ausgeschlossen und das Pferd wurde von Tierärzten untersucht. Auch im Kaufvertrag geregelt wurde der Gefahrübergang, wonach Kosten und Gefahr nach Übergabe des Pferdes auf den Käufer übergehen sollen.

Zwei Monate nach Kauf des Pferdes fiel der Beklagten jedoch auf, dass das Pferd lahmte. Eine Untersuchung beim Tierarzt ergab, dass das Tier unter einem frisch isolierten Faserschaden mit einer akuten Einblutung litt. Des Weiteren diagnostizierte der Tierarzt einen „Fesselträgerschenkelschaden hinten rechts lateral“. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin noch einen Anspruch auf Restkaufpreiszahlung in Höhe von 50.000 Euro, welchen der Beklagte aufgrund der Verletzung des Tieres nicht erfüllen wollte. Deswegen minderte der Beklagte den Kaufpreis um den noch ausstehenden Betrag, aufgrund des kurz nach dem Kaufdatum auftretenden Fesselträgerschenkelschadens.

Auch hier war die entscheidende Frage, wann von einem Mangel im Rechtssinne bei einem Pferd auszugehen ist. Konkret ging es darum, ob das Pferd bereits bei Gefahrübergang erkrankt war. Der Tierarzt hatte hierzu festgestellt, dass die Verletzung des Pferdes durch ein akutes Trauma durch einen Unfall aufgetreten sein könnte, aber auch durch eine chronische Überbeanspruchung. Es sei zwar wahrscheinlich, dass die Verletzung bereits vor längerer Zeit aufgetreten sei, eine genaue Rückdatierung sei aber nicht möglich. Zwar gilt bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher die Vermutungsregel, wonach ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe festgestellt wird, der Kaufsache bereits bei Gefahrübergang angehaftet hat. Damit diese Vermutungsregel greift, wird aber die Feststellung eines konkreten Mangels benötigt, der mangels Feststellungsmöglichkeit des Verletzungszeitraumes aber nicht vorlag. Wenn also mehrere Ursachen für das Auftreten des Mangels in Betracht kommen, die nicht aufklärbar sind, ist der Käufer in der Pflicht auch innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Kaufvertrags den Mangel zu beweisen. Die Vermutungsregel mit der Beweislastumkehr greift dann nicht mehr. Diesen Beweis konnte der Beklagte nicht führen und eine Minderung des Kaufpreises kam nicht in Betracht.

Beschaffenheitsvereinbarungen bei Pferdekauf sind wichtig – BGH, Urteil von 18. Oktober 2017 - Az. VIII ZR 32/16

Der Kläger hatte beim Beklagten ein Pferd in Wert vom 500.000 Euro erworben, dass der Kläger für Grand-Prix Turniere einsetzen wollte. Nachdem es zu einer tierärztlichen Untersuchung sowie einem Proberitt gekommen war, wurde der Kaufvertrag geschlossen. Wenige Monate nach Abschluss des Kaufvertrages wurde jedoch ein Röntgenbefund an den Halswirbeln des Tieres festgestellt. Nach Feststellung der Verletzung trat der Käufer von dem Kaufvertrag zurück.

Wieder einmal gilt es sich zu fragen, ob die vom Kläger geltend gemachten diversen „Rittigkeitsprobleme“, bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertrages vorlagen.

Jedoch vertrat der BGH bereits hier den Standpunkt, dass nicht von einem Idealzustand eines Pferdes für die Beurteilung eines Mangels ausgegangen werden kann. Zwar kann durch das Lahmen oder andere Schmerzen ein Sachmangel begründet werden. Jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass die Verletzung bereits zum Zeitpunkt des Vertrages vorlag. Der gerichtlich bestellte Sachverständige konnte klinische Auswirkungen des Röntgenbefunds weder für den Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch zukünftig solche für hinreichend wahrscheinlich erachten. Die bloße Möglichkeit, dass bei einem "Fortschreiten" des Röntgenbefunds klinische Erscheinungen auftreten könnten, die der Verwendung als Dressurpferd entgegenstehen, genüge nicht für die Annahme, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung habe bereits bei Gefahrübergang nicht vorgelegen.

Ausgeheilte Verletzungen = Mangel? - BGH, Urteil vom 30.Oktober 2019 – VIII ZR 69/18

Auch hier musste sich der BGH zu der Beschaffenheit von Pferden äußern. Hierbei berief er sich auf seine aufgestellten Grundsätze, die bereits oben ausgeführt wurden. Der Unterschied zu den anderen Urteilen besteht in der Frage, ob auch folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen eine Mangelhaftigkeit bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertrages begründen können. Jedoch verneinte der BGH dies und hielt weiterhin an seinen aufgestellten Grundsätzen zum Pferdekauf fest. Ein Pferd sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nicht mangelhaft, soweit der Heilungsprozess klinisch unauffällig ist. Hierbei würde es auch nicht darauf ankommen, ob eine vollständig ausgeheilte Krankheit auf einem traumatischen Erlebnis beruhe. Zwar sind Tiere rechtlichen wie Sachen zu behandeln. Deswegen kann eine Verletzung eines Pferdes aber nicht mit einem Schaden an einer Sache, wie einem gebrauchten Auto, gleichgesetzt werden. Da sich Tiere als Lebewesen unterschiedlich und individuell entwickeln, muss ein Käufer im Regelfall damit rechnen, kein „ideales“ Tier zu erwerben. Dieser natürliche Zustand des Pferdes kann nicht als vertragswidriger Zustand bezeichnet werden. Soweit also die Verletzung klinisch unauffällig ist, ist das Pferd wieder in einem gesunden Zustand und es liegt kein Sachmangel bei Gefahrübergang vor.

Wann ist ein Pferd eigentlich gebraucht? – BGH, Urteil vom 09. Oktober 2019 -VIII ZR 240/18

In diesem Urteil musste sich der BGH mit der Frage auseinandersetzen, wann ein Pferd als „neu“ oder als „gebraucht“ anzusehen ist. Bei Sachen kommt es zu einer unterschiedlichen Bewertung von gebrauchten und neuen Sachen, da bei gebrauchten Sachen das Mängelrisiko höher ist. Dem Verkäufer soll damit eine Erleuchtung der Haftung zugutekommen. Obwohl die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere Anwendung finden, ist es fraglich, ob und wie dieser Grundsatz auf Tiere zu übertragen ist. Wann ist ein Pferd neu und wann gebraucht? Soll hier bereits der Zeitpunkt der Geburt ausschlaggebend sein? Ab diesem Zeitpunkt sind Pferde wie jedes Lebewesen nämlich dem Risiko ausgesetzt, durch menschliches Verhalten oder das Leben im Allgemeinen beeinträchtigt oder sogar verletzt zu werden. Hinzu kommt auch, dass im Laufe eines Lebens, anders als beispielsweise ein gebrauchtes Auto, eigene Gesundheitsrisiken bestehen.

Laut Rechtsprechung ist für die Bestimmung auf die bereits erfolgte Nutzung des Pferdes abzustellen. Wurde das Pferd beispielsweise lange als Reit- oder Zuchtpferd verwendet, würde das Pferd eher als „gebraucht“ eingestuft werden. Gleiches soll für Pferde mit fortgeschrittenem Alter gelten, da auch hier das potentielle Verletzungsrisiko höher ist. Jedoch stellt der BGH keine genauen Regelungen auf, um zeitliche Grenzen festzustellen. Es soll aber beispielsweise ein ungerittenes Pferd, was jedoch bereits zweieinhalb Jahre alt ist, als „gebraucht“ gelten. Die Frage, ob gebraucht oder neu, ist also in jedem konkreten Einzelfall individuell zu prüfen und zu entscheiden.