Verjährung

Verjährung

16. Januar 2018

Was bedeutet Verjährung?

Unter der Verjährung versteht man im deutschen Zivilrecht den Verlust der Möglichkeit, einen bestehenden Anspruch aufgrund des Ablaufs von Zeit durchzusetzen. Bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Verjährung hat der Anspruchsinhaber (der Gläubiger des Anspruchs) bei bestehendem Anspruch die Möglichkeit, seinen Anspruch gegen den Anspruchsgegner (den Schuldner) durchzusetzen. Der Anspruchsinhaber kann den Schuldner z. B. auf Leistung verklagen, also versuchen, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Ist der Anspruch hingegen verjährt, besteht zwar weiterhin ein Anspruch, dieser Anspruch ist jedoch wegen des Zeitablaufs nicht durchsetzbar. Allein der Ablauf der Zeit verhindert die rechtliche Durchsetzbarkeit. Dadurch soll "endlich" Rechtsfrieden geschaffen werden. Wird aus einem verjährten Anspruch geklagt, ist die Klage abzuweisen.

Die Verjährung wird jedoch nicht vom Gericht selbständig geprüft, vielmehr muss die Verjährung von der betroffenen Partei (meist dem beklagten Schuldner) eigens eingewendet werden.

Bei der Verjährung ist zwischen der zivilrechtlichen und der strafrechtlichen Verjährung zu unterscheiden. Während die zivilrechtliche Verjährung den Zeitpunkt meint, ab dem ein Anspruch nicht mehr durchsetzbar, also im Ergebnis nicht mehr einklagbar, ist, meint die strafrechtliche Verjährung den Zeitpunkt, ab dem jemand nicht mehr wegen eines strafrechtlich relevanten Handelns, Duldens oder Unterlassens belangt werden kann. Im Folgenden soll es nur um die zivilrechtliche Verjährung gehen.

Grundsätzlich unterliegen alle zivilrechtlichen Ansprüche der Verjährung, bei einigen Ansprüchen, wie z. B. bestimmten familienrechtlichen Ansprüchen, ist die Verjährung jedoch gesetzlich ausgeschlossen, § 194 Abs. 2 BGB.

Wann verjährt ein Anspruch?

Der Verjährung unterliegen nur Ansprüche. Bei der Verjährung sind Verjährungsfrist sowie Beginn und Ende der Verjährung zu beachten.

Verjährungsfrist

Die Verjährungsfrist, die für den fraglichen Anspruch maßgeblich ist, richtet sich nach der Art des Anspruchs.

Es gibt drei verschiedene Verjährungsfristen, namentlich die regelmäßige Verjährungsfrist, die zehnjährige Verjährungsfrist und die 30-jährige Verjährungsfrist.

Regelmäßige Verjährungsfrist

Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Demnach verjähren alle Ansprüche, soweit nichts Anderes geregelt ist – dies verdeutlicht das Wort „regelmäßig“ – in drei Jahren.

Zehnjährige Verjährungsfrist bei Rechten an einem Grundstück

Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren.

30-jährige Verjährungsfrist in besonderen Fällen

Nach § 197 BGB verjähren besondere Ansprüche mit einer 30-jährigen Verjährungsfrist. Insbesondere sind hier Schadensersatzansprüche wegen der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung und Herausgabeansprüche aus Eigentum zu nennen.

Beginn der Verjährung

Allein mit der Beantwortung, welche Verjährungsfrist für welchen Anspruch einschlägig ist, ist jedoch noch keine Antwort auf die Frage, wann der Anspruch verjährt, gefunden. Denn dafür muss die oben genannte Verjährungsfrist zu laufen beginnen. Der Beginn der Verjährung ist in den §§ 199, 200, 201 BGB geregelt.

Für die Fälle der regelmäßigen Verjährungsfrist beginnt die Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB „mit dem Schluss des Jahres“, in dem sowohl der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Das heißt, dass für den Beginn der Verjährung einerseits der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs, also z. B. ein Vertragsschluss, und darüber hinaus die Kenntnis von Umständen, aus denen sich der Anspruch ergibt, sowie von der Person des Schuldners erforderlich ist. Da § 199 Abs. 1 BGB auf die Kenntnis des Gläubigers des Anspruchs abstellt, welche in der Regel nicht objektiv festgestellt werden kann, reicht auch das sog. „Kennenmüssen“, also die grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, für den Beginn der Verjährung aus. „Mit dem Schluss des Jahres“ bedeutet, dass der Verjährungsbeginn der letzte Tag des Jahres ist, also der 31. Dezember.

Für andere Verjährungsfristen als die regelmäßige Verjährungsfrist, werden Verjährungshöchstfristen geregelt.

Nach § 199 Abs. 2 BGB verjähren Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, unabhängig von der Entstehung und der Kenntnis bzw. der grob fahrlässigen Unkenntnis in 30 Jahren ab der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis. Fristbeginn bei derartigen Schadenersatzansprüchen ist somit immer das auslösende Ereignis selbst und nicht, wie bei Abs. 1, die Kenntnis um besondere Umstände.

Nach § 199 Abs. 3 BGB verjähren sonstige Schadensersatzansprüchen, also solche, die nicht auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, nach Nr. 1 ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und nach Nr. 2 ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis, wobei die früher endende Frist maßgeblich ist. Das bedeutet, dass, sofern ein Anspruch im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB bereits entstanden ist, es aber an der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis (vgl. Abs. 1 Nr. 2) fehlt, die Höchstfrist 10 Jahre ab Entstehung des Anspruchs beträgt. Ist der Anspruch weder entstanden noch liegt Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vor, dann verjährt er innerhalb von 30 Jahren ab Begehung der Handlung, der Pflichtwidrigkeit oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (vgl. Abs. 3 Nr. 2).

Nach § 199 Abs. 3a BGB verjähren Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

Nach § 199 Abs. 4 BGB verjähren andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

§ 199 Abs. 5 BGB regelt, dass, sofern sich der Anspruch auf ein Unterlassen richtet, an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung tritt.

Nach § 200 BGB beginnt die Verjährung von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist.

Die tatsächliche Verjährung

Sind für den jeweiligen Anspruch die Verjährungsfrist und der Beginn der Verjährung bestimmt, gelangt man wieder zum Ausgangspunkt der Frage, wann ein Anspruch eigentlich verjährt ist.

Dafür ist eine Fristberechnung nach den §§ 187 ff. BGB erforderlich. Für Verjährungsfristen deren Fristbeginn sich nach § 187 Abs. 1 BGB richtet, ist dann für das Fristende § 188 Abs. 2 Var. 1 BGB ausschlaggebend.

Für die regelmäßige Verjährungsfrist hat das die sog. „Silvesterverjährung“ zur Folge. Da die Verjährung des Anspruchs „mit dem Schluss des Jahres“, also dem 31.12 des jeweiligen Jahres zu laufen beginnt, dieser Tag für die Fristberechnung nach § 187 Abs. 1 BGB jedoch nicht mitgerechnet wird, endet die Verjährungsfrist nach § 188 Abs. 2 BGB wiederum mit dem 31.12, sodass der Anspruch nach Silvester, also im neuen Jahr, verjährt ist.