Streitverkündung

Streitverkündung

21. Juni 2024

Die Streitverkündung ist ein Instrument im Zivilprozess, mit dessen Hilfe die Prozessparteien Dritte in die Wirkung des zu erwartenden Urteils miteinbeziehen können. Grundsätzlich entfaltet die gerichtliche Entscheidung eines Verfahrens nur zwischen den Parteien, also dem/der Kläger:in und dem/der Beklagten*, Wirkung (Rechtskraft). Dies ist im Fall der sogenannten Nebenintervention anders: Der Nebenintervenient (oder Streithelfer) beteiligt sich im eigenen Namen am Prozess der fremden Parteien und unterstützt eine der Parteien, weil er ein rechtliches Interesse daran hat, dass diese Partei gewinnt. Die Nebeninterventionswirkung nach § 68 Zivilprozessordnung (ZPO) führt dazu, dass in einem eventuell nachfolgenden Prozess zwischen dem Nebenintervenienten und der von ihm unterstützen Partei beide an den Inhalt des Urteils im ersten Prozess gebunden sind. Diese Wirkung tritt auch aufgrund einer Streitverkündung ein, § 74 ZPO, unabhängig davon, ob der Streitverkündete dem Verfahren als Nebenintervenient beitritt.

Streitverkündung

Rechtsgrundlagen

Die Streitverkündung ist in den §§ 72 bis 74 ZPO geregelt. Dort finden sich Vorschriften zu den Voraussetzungen und formellen Anforderungen an eine Streitverkündung und ihre Wirkung.

Voraussetzungen

Nach § 72 ZPO ist die Streitverkündung zulässig, wenn eine der Prozessparteien glaubt, einen Anspruch gegen einen nicht am Prozess beteiligten Dritten zu haben oder ein solcher Dritter ein Anspruch gegen die Partei haben könnte, wenn sie den jetzigen Prozess verliert. Dies können z.B. Ansprüche aus mangelhafter Leistung oder ein Rückgriffsanspruch sein. Verbaut ein Handwerker also etwa ein mangelhaftes Bauteil, kann er im Prozess gegen seinen Kunden dem Hersteller den Streit verkünden, weil er gegen diesen einen sogenannten Rückgriffsanspruch hat, sollte das Bauteil mangelhaft gewesen sein. Es kommt allein auf die Sichtweise des Streitverkünders an, nicht ob der Anspruch tatsächlich besteht.

Der im laufenden Verfahren geltend gemachte Anspruch und der Anspruch, den der Streitverkünder zu haben glaubt oder gegen sich befürchtet, müssen sich gegenseitig ausschließen.

Zulässig ist die Streitverkündung auch, wenn zwischen der beteiligten Partei und dem Dritten ein Alternativverhältnis besteht, der Kläger also weiß, dass er entweder gegen den Beklagten oder den Dritten einen Anspruch hat und sichergehen möchte, dass wenn er gegen den Beklagten verliert, der Dritte an den Urteilsinhalt des ersten Urteils gebunden ist. Möglich ist ebenfalls eine sogenannte doppelte Streitverkündung, also eine weitere Streitverkündung gegenüber demselben Dritten durch die andere Partei – der Dritte kann aber auch dann nur einer Partei beitreten. Auch der Dritte kann wiederum selbst einem anderen den Streit verkünden, § 72 Abs. 3 ZPO, auch wenn er nicht beitritt – dies ist bis zur formellen Rechtskraft der Entscheidung möglich (sobald Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist).

Gerichtlich überprüft wird die Zulässigkeit der Streitverkündung erst in einem eventuellen Folgeprozess zwischen dem Streitverkünder und dem Dritten.

Form

Der Streit wird verkündet durch einen Schriftsatz, den die Partei beim Gericht einreicht, welches ihn dem Dritten zustellt. Diese Streitverkündungsschrift muss den Grund für die Streitverkündung und eine Beschreibung über den Stand des Verfahrens enthalten.

Als Grund für die Streitverkündung ist der Sachverhalt ausführlich darzulegen, der aus Sicht des Streitverkünders die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, also das Rechtsverhältnis mit dem Dritten, aus dem sich der Anspruch der Partei oder des Dritten gegen die Partei ergibt. Hinsichtlich der Lage des Rechtsstreits müssen der bisherige Prozessverlauf und der Streitgegenstand dargelegt werden. Diese Ausführungen müssen ausreichen, um dem Dritten eine Entscheidung über seinen Beitritt als Streithelfer zu ermöglichen.

Die grundsätzlichen Anforderungen des § 130 Abs. 1 ZPO sind zu beachten, also dass der Schriftsatz die Angaben zu Parteien und deren Vertretern enthält. Die Streitverkündung darf nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden.

Wirkung

Hat der Dritte den Streitverkündungsschriftsatz erhalten, wird er Streitverkündeter genannt und hat die Wahl, ob er dem Prozess als Nebenintervenient einer Partei (auch der nicht streitverkündenden) beitreten möchte oder nicht. Tritt er bei, nimmt er die Stellung eines Nebenintervenienten oder Streithelfers nach §§ 66 ff. ZPO ein und er kann die Partei, der er beigetreten ist, aktiv unterstützen. Tritt er nicht bei, tritt die Nebeninterventionswirkung des § 68 ZPO für einen eventuellen Folgeprozess ebenfalls ein, allerdings bleibt der Streitverkündete im aktuellen Verfahren gänzlich unbeteiligt, sodass er keinen Einfluss auf den Ausgang nehmen kann.

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