Kapitalerhöhung
Kapitalerhöhung in der GmbH
20. August 2024
Die Kapitalerhöhung ist die Erhöhung des in der Satzung ausgewiesenen Stammkapitalbetrages. Dieser Betrag entspricht der Summe der von den Gesellschaftern zu leistenden Einlagen bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Aufbringung und Erhaltung dieses Stammkapitals ist Ausgleich für die Haftungsbeschränkung der GmbH. Es unterliegt deshalb besonderen Regeln, die zu verhindern versuchen, dass dieser Haftungsstock des Stammkapitals den Gläubigern der Gesellschaft nachträglich wieder entzogen wird (Kapitalerhaltung).
Das Stammkapital ist notwendiger Satzungsbestandteil, § 3 I Nr.3 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), sodass die Änderung und damit die Erhöhung dieses Betrages stets eine Satzungsänderung darstellt. Das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Arten der Kapitalerhöhung.
Effektive Kapitalerhöhung, § 55 GmbHG
Die effektive Kapitalerhöhung ist die Kapitalerhöhung unter Vermehrung des Eigenkapitals. Sie ist der in der Praxis häufigste Fall der Kapitalerhöhung und Grundfall, § 55 GmbHG. Die effektive Kapitalerhöhung geschieht in erster Linie, um das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft zu steigern und diese damit arbeitsfähiger zu machen. Im Vordergrund kann jedoch auch die Aufnahme spezieller neuer Gesellschafter stehen, um damit Kooperationsbeziehungen zu begründen oder zu untermauern. Sie ist als einheitliches Verfahren ausgestaltet.
Kapitalerhöhungsbeschluss
Es benötigt zunächst eines Gesellschafterbeschluss. Für diesen gelten die Regeln über die Satzungsänderungen. Hauptinhalt dieses Kapitalerhöhungsbeschlusses ist die Erhöhung des Stammkapitals um einen bestimmten Betrag. Dabei ist auch die Angabe eines Höchstbetrages zulässig. Allein die Angabe eines Mindestbetrages ist aufgrund der Uferlosigkeit hingegen nicht ausreichend. Der Ausgabepreis der Gesellschafteranteile muss mindestens dem Nennwert entsprechen. Häufig wird jedoch ein Aufgeld (Agio) festgesetzt. Bis zur Eintragung ist der Kapitalerhöhungsbeschluss aufheb- und veränderbar.
Sonderfall: Bezugsrechtsausschluss
Den bisherigen Gesellschafter:innen* steht ein gesetzliches Bezugsrecht zu. Mangels Regelung im GmbHG wird die rechtliche Grundlage entweder über einer Analogie zum Aktienrecht konstruiert (für die Aktiengesellschaft ist das Bezugsrecht in § 186 Aktiengesetz (AktG) geregelt) oder in der Treuepflicht gesehen.
Der einzelne Gesellschafter hat qua Kapitalerhöhungsbeschluss einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Zuteilung eines seiner bisherigen Beteiligung entsprechenden Anteils am Erhöhungsbetrag. Dieses Bezugsrecht wird durch Übernahme der neuen Gesellschafteranteile ausgeübt. Grund für das Bezugsrecht ist der Schutz des Gesellschafters vor Verwässerung seines Anteils. Durch die Ausgabe neuer Gesellschafteranteile wird denklogisch der Anteil eines bisherigen Gesellschafters verringert. Ihm soll ermöglicht werden, durch Übernahme neuer Anteile den status quo aufrechtzuerhalten. Wertungsmäßig ist das Bezugsrecht als wesensgleiches Minus zum Geschäftsanteil aufzufassen, weshalb die Regeln über die Übertragbarkeit des Geschäftsanteils entsprechend gelten. Werden Bezugsrechte innerhalb einer angemessenen Bezugsfrist von ungefähr zwei Wochen nicht ausgeübt, so wachsen die nicht ausgeübten Bezugsrechte den übrigen Gesellschaftern quotal zu (Nachbezugsrecht).
Das Bezugsrecht kann ausgeschlossen werden. Weil damit ein erheblicher Eingriff in die Gesellschafterrechte einhergeht, unterliegt dies strengen Anforderungen.
Häufig wird ein solcher Bezugsrechtsausschluss innerhalb des Kapitalerhöhungsbeschlusses geregelt. Für diesen Beschluss ist umstritten, ob die strengen formellen Anforderungen der §§ 186 III, IV AktG analog auch für die GmbH gelten. Hiernach benötigt es eine Dreiviertelmehrheit des Stammkapitals, nicht lediglich der abgegebenen Stimmen, und eine schriftliche Begründung. Innerhalb der Gesellschafterversammlung kann zwar durch Einverständnis aller Gesellschafter auf diese Voraussetzungen verzichtet werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten diese Anforderungen jedoch eingehalten werden.
Materiell müssen drei Voraussetzungen vorliegen: Der Ausschluss muss einen im Gesellschaftsinteresse liegenden Zweck erfüllen. Dabei darf dieser Zweck nicht auf andere, schonendere Weise zu erfüllen sein. Außerdem darf der mit dem Bezugsrechtsausschluss einhergehende Nachteil der Gesellschafter nicht außer Verhältnis zum erstrebten Vorteil der Gesellschaft stehen. Hierbei sind der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Treupflicht zu beachten. Ein Treupflichtverstoß liegt auch bereits dann vor, wenn die Kapitalerhöhung an hohe Anforderungen geknüpft ist und damit dem einzelnen Gesellschafter die Ausübung seines Bezugsrechts in treuwidriger Weise erschwert wird (faktischer Bezugsrechtsausschluss).
Anerkannte Gründe für einen zulässigen Bezugsrechtsausschluss sind insbesondere eine benötigte Sacheinlage, ein dringendes Kooperationsinteresse mit einem speziellen Investor, finanzielle Sonderleistung bei einem bestehenden Sanierungsbedürfnis und ein dringendes Finanzierungsbedürfnis.
Durchführung der Kapitalerhöhung
Die Durchführung der Kapitalerhöhung ist ein dreiaktiges Verfahren und benötigt die Übernahme der Gesellschafteranteile, die Erbringung der Einlageleistung und die Eintragung im Handelsregister.
Die Übernahme der Gesellschafteranteile erfolgt durch den Übernahmevertrag. Aus diesem ergibt sich einerseits, dass der Übernehmer nach Abschluss der Kapitalerhöhung Mitglied der Gesellschaft wird oder sich seine Mitgliedschaft erweitert und andererseits die Verpflichtung des Übernehmers zur Leistung der Einlage. Die Erklärung des Übernehmers (Zeichnung) bedarf der notariellen Beurkundung, § 55 I GmbHG. In ihr müssen die Gesellschaft, der Betrag der übernommenen Stammeinlage samt vereinbartem Agio sowie die Kapitalerhöhungsmaßnahme bestimmbar enthalten sein.
Die Kapitalerhöhung darf erst zum Handelsregister eingetragen werden, wenn die Leistung der Einlage auf den Erhöhungsbetrag (Nennbetrag ohne Agio) erfolgt. Bei Barerhöhungen muss mindesten ein Viertel des Erhöhungsbetrages eingezahlt werden, §§ 56a, 7 II 1 GmbHG. Die Leistung muss sich dabei endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Einzahlungen vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss, bei denen die Einlage im Zeitpunkt der Übernahme nicht mehr zweifelsfrei im Gesellschaftervermögen vorhanden ist, sind nur unter strengen Voraussetzungen in Sanierungsfällen zulässig und sollten demnach vermieden werden. Zur Wirksamkeit der Kapitalerhöhung benötigt es noch die Eintragung ins Handelsregister, § 57 I GmbHG. Dabei müssen die Geschäftsführer versichern, dass die Einlagen nach § 7 II 1 GmbHG bewirkt sind und diese sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden, § 57 II 1 GmbHG. Mängel des Übernahmevertrags werden dabei durch die Eintragung vollständig geheilt.
Besonderheiten der Sacherhöhung, § 56 GmbHG
Neben der Barerhöhung kann die effektive Kapitalerhöhung auch als Sacherhöhung erfolgen. § 56 GmbHG normiert Sonderregelungen für diesen qualifizierten Fall der effektiven Kapitalerhöhung. Sacheinlagen sind dabei alle Einlagen, die nicht vollständig in Geld bestehen. Die Sondervorschriften für die Sacherhöhung dienen vor allem dem Gläubigerschutz. Beachtenswert ist dabei die Rechtsfigur der verdeckten Sacheinlage, welche insbesondere bei Kapitalerhöhungen besonders leicht auftritt und über § 56 II GmbHG auch auf sie anwendbar ist. Von ihr spricht man, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss eine Barerhöhung vorsieht, bei wirtschaftlicher Betrachtung später jedoch ein Sachwert eingebracht wird, § 19 IV GmbHG. Dies ist immer dann der Fall, wenn die im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung gezahlte Bareinlage eines Gesellschafters zeitnah zum Ankauf von Wirtschaftsgütern desselben Gesellschafters verwendet werden. Bei Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage wird der Gesellschafter nach § 19 IV 1 GmbHG nicht von seiner Einlageleistung befreit, der Wert der Sacheinlage wird jedoch auf die Einlageschuld angerechnet, § 19 IV 2 GmbHG.
Bei der Sacheinlage müssen der Gegenstand der Sacheinlage und der Nennbetrag des Geschäftsanteils, auf den sich die Sacheinlage bezieht, im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzt werden, § 56 I 1 GmbHG. Geschieht dies nicht, darf die Kapitalerhöhung nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Bei Eintragung ins Handelsregister trotz fehlerhafter Festsetzung, ist diese grundsätzlich als Barerhöhung wirksam. Diese Festsetzung ist auch in die Übernahmeerklärung aufzunehmen, § 56 I 2 GmbHG. Eine Handelsregistereintragung darf nur erfolgen, wenn die Sacheinlage vollständig zur freien Verfügung der Geschäftsführer bewirkt wurde, §§ 56a, 7 III GmbHG. Ein Sacheinlagebericht ist anders als bei der Sachgründung nicht erforderlich.
Genehmigte Kapitalerhöhung, § 55a GmbHG
Nach § 55a GmbHG können die Geschäftsführer in der Satzung ermächtigt werden, das Stammkapital der Gesellschaft durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile effektiv zu erhöhen.
Dies kann in der Gründungssatzung enthalten sein oder durch Satzungsänderung eingefügt werden. Für die Satzungsänderung bedarf es dabei einer Dreiviertelmehrheit und der notariellen Beurkundung, § 53 II GmbHG.
Die Ermächtigung muss inhaltlich zwei Angaben tätigen, § 55a I 1 GmbHG. Zum einen die Höhe des Nennbetrags, bis welcher die Erhöhung erfolgen kann (genehmigtes Kapital). Dieser Betrag darf die Hälfte des Stammkapitals, welches zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen, § 55a I 2 GmbHG. Zum anderen ist eine Frist von höchstens fünf Jahren ab Eintragung der Gesellschaft oder Satzungsänderung festzusetzen, innerhalb derer die Erhöhung durchgeführt werden muss. Auch eine Ermächtigung zu einer Sacheinlage ist zulässig, muss jedoch ausdrücklich in der Satzung geregelt werden. Anders als bei der Aktiengesellschaft kann bei der GmbH auch ein Bezugsrechtsausschluss bereits in der Satzung geregelt werden, weshalb auch eine genehmigte Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss möglich ist.
Die Geschäftsführer entscheiden innerhalb der erteilten Ermächtigung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Zeitpunkt und Umfang der Kapitalerhöhung. Dieser Entscheidungsbeschluss der Geschäftsführer (Entschluss bei nur einem Geschäftsführer) ist nicht ins Handelsregister einzutragen. Es ist jedoch aus Beweisgründen ratsam die Entscheidung samt den Erwägungen der Geschäftsführer zu dokumentieren. Die Durchführung richtet sich dabei nach den Vorschriften der effektiven Kapitalerhöhung, sodass auch hier die Übernahme der Geschäftsanteile, die Erbringung der Einlageleistung und die Eintragung ins Handelsregister erforderlich sind.
Die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital beschleunigt und vereinfacht das Kapitalerhöhungsverfahren und senkt zudem die Transaktionskosten.
Nominelle Kapitalerhöhung, § 57c GmbHG
Die nominelle Kapitalerhöhung ist, im Gegensatz zur effektiven Kapitalerhöhung, eine reine Innenfinanzierung. Dabei werden bestehende Kapital- oder Gewinnrücklagen in Stammkapital umgewandelt. Kapitalrücklagen beruhen auf Einzahlungen und Sacheinlagen der Gesellschaft. Diese resultieren insbesondere aus der Zahlung eines Aufgeldes (Agio) bei der Gründung oder einer Kapitalerhöhung, aus anderen Zuzahlungen der Gesellschafter, Nachschüssen oder aus der Herabsetzung des Stammkapitals auf vereinfachtem Weg. Gewinnrücklagen hingegen sind die nicht ausgeschütteten, versteuerten Gewinne des Geschäftsjahres oder vergangener Geschäftsjahre.
Es sind nach § 57h GmbHG zwei Arten der Durchführung zu unterscheiden. Die Bildung neuer Geschäftsanteile und die Aufstockung der Alten, wobei beide Formen auch miteinander kombiniert werden können. Bei der Bildung neuer Geschäftsanteile erhält jeder Gesellschafter einer der Anzahl seiner bisherigen Geschäftsanteile entsprechende Anzahl neuer und selbstständig verwertbarer Geschäftsanteile. Diese entsprechen dem Nennwert der alten Geschäftsanteile.
Bei der Aufstockung der alten Geschäftsanteile werden die Nennbeträge des Geschäftsanteils proportional erhöht. Bei teileingezahlten Anteilen ist die Aufstockung der einzig zulässige Weg. Dies dient mittelbar der Kapitalaufbringung, weil bei dem erhöhten Geschäftsanteil anders als beim Neuen die Möglichkeit der Kaduzierung (Zwangsausschluss von Gesellschaftern) besteht. Empfehlenswert ist die Aufstockung insbesondere, wenn die Einheitlichkeit der Anteile und damit der personalistische Charakter der Gesellschaft gewahrt werden soll.
Notwendige Voraussetzung für die Beschlussfassung ist die vorherige Feststellung des Jahresbeschlusses und des Ergebnisverwendungsbeschlusses für das letzte vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss abgelaufene Geschäftsjahr. Diese können zusammen mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss in derselben Gesellschafterversammlung gefasst werden.
Inhaltlich muss dieser Kapitalerhöhungsbeschluss angeben, dass die Kapitalerhöhung im Wege einer Umwandlung von Rücklagen erfolgt. Sofern mehrere Rücklagen bestehen muss zusätzlich auch angegeben werden, welche Rücklage und in welcher Höhe diese umgewandelt werden soll. Ebenfalls müssen die Art der Durchführung und der feste Erhöhungsbetrag angegeben werden. Diesem Beschluss ist zwingend eine Bilanz zugrundezulegen. Dies soll sicherstellen, dass die umzuwandelnden Rücklagen auch tatsächlich den Erhöhungsbetrag decken. Hierbei kann auch die Jahresbilanz zugrunde gelegt werden. Es ist aber darauf zu achten, dass die Bilanz nicht älter als acht Monate sein darf, sodass gegebenenfalls auf eine Zwischenbilanz zurückzugreifen ist. Der Beschluss ist sodann vom Geschäftsführer zum Handelsregister anzumelden.
Eine nominelle Kapitalerhöhung verursacht bilanziell lediglich eine Umbuchung innerhalb des Eigenkapitals. Sie führt somit effektiv nicht zu mehr Kapital und zunächst auch nicht zu einer unmittelbaren Besserstellung der Gläubiger. Jedoch bedeutet ein höherer Nennwert für zukünftige potentielle Gläubiger eine größere Sicherheit, da die freien Rücklagen nun ins Kapitalerhaltungssystem eingegliedert wurden. Für die Gesellschafter entstehen hierbei weder Anschaffungskosten, noch wirkt sich die Kapitalerhöhung auf das zu versteuernde Einkommen aus. Auch und gerade für die Unternehmergesellschaft ist die nominelle Kapitalerhöhung vorgesehen, denn diese ist zur Einlagenbildung verpflichtet, § 5a III GmbHG.
*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.