Gesellschafterbeschluss

Gesellschafterbeschluss

11. Juni 2024

Die wichtigen Entscheidungen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) treffen die Gesellschafter:innen* gemeinsam. Ihr Wille ist das Fundament der Gesellschaftsstrategie, der Gesellschaftsführung sowie der Gesellschaftsausrichtung und somit der Gesellschaft selbst. Dieser Wille des Kollektivs wird abgeleitet und gebündelt durch den Gesellschafterbeschluss.

Gesellschafterbeschluss

Wann wird ein Gesellschafterbeschluss getroffen?

Die Gesellschafter einer GmbH haben die grundlegenden Entscheidungen der Gesellschaft selbst zu treffen. Ihr zwingend zugewiesen sind unter anderem:

  • Einforderung von Nachschüssen, § 26 I Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
  • Ausschluss von Gesellschaftern
  • Änderung des Gesellschaftervertrags, § 53 GmbHG
  • Auflösung und Liquidation der GmbH, § 60 I Nr.2 GmbHG
  • Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz, § 13 I Umwandlungsgesetz (UmwG)

Die weiteren Kompetenzen bestimmen sich nach dem Gesellschaftsvertrag, § 45 I GmbHG und in Ermangelung einer solchen Regelung nach §§ 46, 45 II GmbHG. In § 46 GmbHG geregelt sind:

  • Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses, Nr. 1
  • Offenlegung und Billigung des Jahresabschlusses, Nr.1a
  • Billigung eines Konzernabschlusses, Nr. 1b
  • Einforderung der Einlagen und Rückzahlung von Nachschüssen, Nr. 2 und 3
  • Regelung der Geschäftsanteile, Nr.4
  • Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie deren Entlastung, Nr. 5
  • Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung, Nr. 6
  • Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten, Nr. 7
  • Geltendmachung von Ersatzansprüchen und die Prozessvertretung, Nr. 8

Wo wird ein Gesellschafterbeschluss getroffen?

Beschlüsse werden in der Regel innerhalb der Gesellschafterversammlung [LINK] gefasst. Die Abhaltung der Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform [LINK] mit der zutreffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden sind, § 48 II GmbHG und die Beschlussfassung nicht kraft Gesetz innerhalb der Gesellschafterversammlung zu erfolgen hat. Im Gesellschaftsvertrag können darüber hinaus auch kombinierte Beschlussfassungen geregelt werden, wo nur ein Teil der Gesellschafter per Textform oder schriftlich abstimmt.

Wie wird ein Gesellschafterbeschluss getroffen?

Beschlussantrag

Denklogisch setz eine Beschlussfassung zunächst einen Beschlussantrag voraus. Dieser kann positiv als auch negativ gestellt werden und muss mit ja oder nein entschieden werden können. Der Beschlussantrag muss zumindest inhaltlich von der Tagesordnung gedeckt sein, um den Gesellschaftern eine sachgerechte Vorbereitung zu ermöglichen. Antragsberechtigt ist jeder anwesende oder vertretene Gesellschafter. Dies folgt bereits aus dem Teilnahmerecht eines jeden Gesellschafters. Dies gilt unabhängig vom Stimmrecht und somit auch für denjenigen, der über den konkreten Beschlussgegenstand nicht abstimmen darf. Mit Anträgen von Abwesenden muss sich die Gesellschafterversammlung nicht befassen, es sei denn der Gesellschaftsvertrag sieht das vor. Es ist zu beachten, dass vorbehaltlich anderslautender Gesellschaftsvertragsregelung, nur Gesellschaftern und Vertretern das Antragsrecht zusteht. Somit sind Geschäftsführer [LINK] und Versammlungsleiter, die nicht zugleich Gesellschafter sind, nicht antragsberechtigt. Eine bestimmte Form sieht das Gesetz nicht vor. Ein Recht auf eine Sachentscheidung geht mit dem Antragsrecht nicht einher, sodass in der Regel eine Vertagung oder ein Nichtbefassungsbeschluss möglich sind. Aus dem Teilnahmerecht ergibt sich zudem das Recht jeden Gesellschafters, sich zur Sache zu äußern. Gesetzlich verpflichtend ist eine Beratung über den Antrag jedoch nicht.

Abstimmung

Das Gesetz enthält keine Regelungen über die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung, sodass ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag auch bei Anwesenheit nur eines Gesellschafters die Beschlussfähigkeit gegeben ist. Um dies zu verhindern, kann der Gesellschaftsvertrag Regelungen zur Beschlussfähigkeit enthalten, wie eine Mindestanzahl an Gesellschaftern oder eine Mindestquote des Stammkapitals.

Soweit ein bestimmtes Abstimmungsverfahren nicht im Gesellschaftsvertrag oder der Geschäftsordnung geregelt ist, entscheidet der Versammlungsleiter oder die anwesenden Gesellschafter darüber. Dabei gibt es offene und geheime Abstimmungen. Die Reihenfolge der Abstimmungen wird regelmäßig durch die Tagesordnung angegeben, ohne dass diese rechtlich verbindlich wäre. Bei mehreren sachlich zusammenhängenden Beschlussanträgen ist es zulässig, diese zusammenzufassen und gemeinsam darüber abstimmen zu lassen.

Nach § 47 I GmbHG kommt es grundsätzlich auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen an. Das Stimmrecht des Gesellschafters richtet sich nach seiner Beteiligung am Stammkapital, wobei jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt, § 47 II GmbHG. Die Stammkraft kann jedoch durch den Gesellschaftsvertrag auch von der Kapitalbeteiligung abgekoppelt werden. So kann eine Abstimmung nach (anwesenden) Köpfen erfolgen oder einzelnen Gesellschaftern Mehrstimmrechte eingeräumt werden. Auch eine Beschränkung auf ein Höchststimmrecht ist zulässig.

Für die Mehrheit genügt vereinfacht gesagt, dass es mindestens eine Ja-Stimme mehr als Nein-Stimmen gibt, wobei Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen nicht mitzählen. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt, wenn der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung dafür trifft. Eine Heraufsetzung dieser einfachen Mehrheit für alle oder einige Beschlussgegenstände durch eindeutige Bestimmung im Gesellschaftsvertrag ist auf verschiedenen Weisen möglich. So können absolute Mehrheiten geregelt werden, wobei es auf die Gesamtheit aller Stimmen und nicht nur der anwesenden Stimmen ankommt. Es können auch qualifizierte Mehrheiten wie Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheiten sowie ein Einstimmigkeitserfordernis geregelt werden. Eine Herabsetzung darauf, dass ein Beschluss selbst bei Überwiegen der Nein-Stimmen zustande kommt, ist nicht möglich.

In Ausnahmefällen, insbesondere bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags schreibt das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vor:

  • Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals, § 53 II GmbHG
  • Auflösung der Gesellschaft, § 60 I Nr. 2 GmbHG
  • Umwandlungen der Gesellschaft in eine andere Rechtsform nach dem UmwG
  • Übertragung des Gesamtvermögens
  • Ausschluss eines Gesellschafters [LINK]

Auch hier ist ein Heraufsetzen grundsätzlich möglich. Eine Ausnahme soll nach herrschender Meinung für die Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund gelten. Eine Herabsetzung der gesetzlichen qualifizierten Mehrheit ist nur ausnahmsweise dann möglich, wenn der Minderheitenschutz nicht entgegensteht.

Die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann zusätzlich von Zustimmungen aller, einzelner oder bestimmter Gruppen von Gesellschafter abhängig sein oder durch Gesellschaftsvertrag gemacht werden. So ist die Zustimmung aller Gesellschafter beispielsweise für die Änderung des Gesellschaftszwecks, zum Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags sowie bei der persönlichen Haftung nach Umwandlung notwendig. Die Zustimmung des einzelnen betroffenen Gesellschafters zum Schutz seines Individualinteresses beispielsweise bei nachträglicher Auferlegung von Pflichten oder Verkürzung von Sonderrechten.

Weitere formelle Anforderungen

Für gesellschaftsvertragsändernde Beschlüsse benötigt es der notariellen Beurkundung, § 53 III 1 GmbHG. Alle anderen Gesellschafterbeschlüsse sind ohne anderslautende Regelung im Gesellschaftsvertrag an keine Form gebunden. Eine Protokollpflicht gibt es nur für die Ein-Personen GmbH, eine Gesellschaft die nur einen Gesellschafter hat. Dies dient Beweiszwecken und ist deswegen grundsätzlich für alle Gesellschafterbeschlüsse zu empfehlen. Das GmbHG fordert im Gegensatz zur Aktiengesellschaft, § 103 II Aktiengesetz (AktG) auch nicht das Beschlussergebnis förmlich festzustellen. Jedoch entspricht es der Regel, dass der Versammlungsleiter das Ergebnis innerhalb der Gesellschafterversammlung förmlich feststellt und verkündet. Dies hat zur Folge, dass der Beschluss vorläufig verbindlich mit dem gefassten Inhalt (Annahme oder Ablehnung eines Beschlussantrags) gilt. Ohne eine solche Beschlussfeststellung kann Unklarheit über das Beschlussergebnis herrschen. Die Gesellschafter können dann durch eine Beschlussfeststellungsklage nach § 256 Zivilprozessordnung das Beschlussergebnis gerichtlich feststellen lassen. Eine Eintragung ins Handelsregister ist nur ausnahmsweise wie beispielsweise für gesellschaftsvertragsändernde Beschlüsse, § 54 III GmbHG notwendig.

Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse

Das GmbHG enthält keine Regelungen der Rechtsfolgen eines mangelhaften mithin fehlerhaften Gesellschafterbeschlusses. Es werden deshalb die Regeln der Aktiengesellschaft über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung (das Pendant der Gesellschafterversammlung bei der Aktiengesellschaft) nach §§ 241 ff AktG angewandt, soweit die strukturellen Besonderheiten der GmbH nicht entgegenstehen. Dabei sind die Nichtigkeitsklage und Anfechtungsklage zu unterscheiden.

Nichtigkeitsklage

Die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses wird durch die Erhebung der Nichtigkeitsklage geltend gemacht. Bei nicht in das Handelsregister einzutragenden Beschlüssen, ist die Klage nicht fristgebunden. Bei eintragungspflichtigen Tatsachen gilt eine Dreijahresfrist nach Eintragung entsprechend § 242 II 1 GmbHG. Nach Fristablauf tritt Heilung ein. Kläger kann jeder Gesellschafter sein, unabhängig davon, ob er bei der Gesellschafterversammlung teilgenommen hat. Beklagte ist die GmbH selbst, sodass die Klage diese als Klagegegner zu adressieren hat. Nichtig ist ein Gesellschafterbeschluss bei besonders gravierenden Beschlussmängeln. Diese stellen namentlich die Einberufung durch einen Unbefugten, die Nichteinladung einzelner Gesellschafter, schwere Formmängel des Einladungsschreibens und die Nichteinhaltung einer vorgeschriebenen notariellen Beurkundung.

Anfechtungsklage

In der Praxis häufiger sind fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nur anfechtbar. Anfechtungsgründe sind alle Verstöße gegen Gesetz und Satzung, die nicht schon zur Nichtigkeit führen. Insbesondere weniger schwerwiegende Mängel bei der Einberufung, eine sachlich unrichtige Ergebnisfeststellung und den Verstoß gegen Informationsrechte des Gesellschafters [LINK]. Unterschiede zur Nichtigkeitsklage ergeben sich auch bei der Klagefrist. Diese richtet sich nach dem Leitbild der Monatsfrist in § 246 I AktG. Fristbeginn ist die Kenntnis des Gesellschafters vom Inhalt des gefassten Beschlusses. Dabei ist darauf zu achten innerhalb der Frist bereits Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern, in den Rechtsstreit einzuführen. Regeln im Gesellschaftsvertrag zur Frist sind zulässig, aber dürfen nicht zur Verkürzung des Anfechtungsrecht des Gesellschafters führen.

*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.