Gesellschafterausschluss

Gesellschafterausschluss

04. Juni 2024

Mit dem Eintritt in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wird nicht zugleich ein Bund fürs Leben geschlossen, der nur durch den Tod der Gesellschafter aufgehoben werden kann. Es sind also rechtliche Wege für das Ausscheiden eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin* vorgesehen, insbesondere unter Berücksichtigung der geringen Fungibilität, also der Handelbarkeit, von GmbH-Geschäftsanteilen. Schließlich haben die Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran, wer in den Gesellschafterkreis aufgenommen wird. Anders ist das bei der Aktiengesellschaft, die eine sog. unpersönliche Unternehmungsform hat und wo die Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte anders ausgestaltet sind als bei der GmbH, so dass der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises ein anderes Gewicht zukommt.

Gesellschafterausschluss

Ein Ausscheiden aus einer GmbH kann auf zwei Weisen geschehen, freiwillig oder unfreiwillig. Unfreiwillig bedeutet nichts anderes als der Rauswurf eines Gesellschafters. Die Möglichkeit eines solchen Rauswurfs ist notwendiges Sicherungsinstrument der Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft. In Streitsituation kann und muss verhindert werden können, dass ein Gesellschafter blockierend oder sogar boykottierend gegen die Gesellschaft vorgehen kann.

Das Gesetz regelt nur rudimentär Sonderfälle des Gesellschafterausschlusses im Zusammenhang mit der Erbringung der Stammeinlage, § 21 II Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und der Verletzung von Nachschusspflichten, § 28 I i.V.m. § 21 GmbHG und § 27 I 2 GmbHG. Praktisch relevant ist zum einen die Einziehung, § 34 GmbHG. Diese setzt jedoch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag voraus. Doch was tun, wenn eine solche Regelung im Gesellschaftsvertag fehlt? Ein allgemeines Ausschlussrecht kennt das GmbHG nicht. Es ist aber allgemein anerkannt, dass ein solches bestehen muss, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag dies nicht vorsieht. Die Frage, wie sich ein allgemeines Ausschlussrecht dogmatisch begründen lässt, wird mangels Verankerung im Gesetz kontrovers diskutiert. Für die Praxis ist dies jedoch irrelevant.

Voraussetzungen des Ausschlusses

Ein Ausschluss ist in jeder Art von GmbH möglich. Im Gegensatz zu kapitalistischen Strukturen weisen personalistische Strukturen dabei eine höhere Streitanfälligkeit auf, insbesondere wenn persönliche Leistungen der Gesellschafter im Vordergrund stehen. (In zweigliedrigen, das bedeutet es gibt lediglich zwei Gesellschafter, Gesellschaften ist ein Ausschluss jedoch nur dann möglich, wenn es entweder eine Regelung in der Satzung für diesen Fall gibt oder ein wichtiger Grund in einem der beiden Gesellschafter liegt. Der Ausschluss ist unzulässig, wenn auf beiden Seiten ein wichtiger Grund vorliegt. Hier ist dann eine Gesamtbewertung des Verhaltens beider Gesellschafter vorzunehmen.) Ein Ausschluss kann sich sowohl gegen Minderheits- wie auch Mehrheitsgesellschafter richten. Er ist gerechtfertigt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund muss die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für die übrigen Gesellschafter unter Einbeziehung aller Umstände als unzumutbar erscheinen lassen. Die Darlegungs- und Beweislast des Vorliegens eines wichtigen Grundes trägt die Gesellschaft. Der wichtige Grund muss grundsätzlich in der Person des auszuschließenden Gesellschafters liegen. Ausnahmsweise können innerhalb eines Treuhandverhältnisses auch Gründe in der Person des Treugebers sowie Gründe in der Person eines nicht nur kurzfristigen Vertreters maßgeblich sein.

Die wichtigen Gründe können in personenbezogene und verhaltensbedingte Gründe unterteilt werden, wobei die Grenzen hierbei fließend sind. Insbesondere durch die Rechtsprechung hat sich diesbezüglich eine ausgeprägte, aber nicht abgeschlossene Kasuistik gebildet.

Verhaltensbedingte Gründe sind namentlich zahlreiche kleine oder besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, Verstöße gegen Wettbewerbsverbote, kriminelle Handlungen, längere Unerreichbarkeit, ruf- und ehrschädigendes Verhalten gegenüber Mitgesellschaftern sowie die Verursachung eines Zerwürfnisses und ein vertrauensmissbräuchliches Verhalten. Personenbezogene Gründe sind namentlich ungeordnete Vermögensverhältnisse, fehlende Kreditwürdigkeit, Verlust der Familienzugehörigkeit, Verlust von beruflichen Qualifikationen, die Unfähigkeit zur loyalen Zusammenarbeit sowie eine andauernde schwere Krankheit.

Liegt ein valider Grund vor, ist im nächsten Schritt eine Gesamtabwägung vorzunehmen. So haben personenbezogene Gründe in personalistisch geprägten Gesellschaften grundsätzlich gewichtiger. Ein Verschulden des Gesellschafters ist zwar nicht erforderlich, jedoch innerhalb der Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen. In zweigliedrigen Gesellschaften, das bedeutet es gibt lediglich zwei Gesellschafter, ist ein Ausschluss dann nicht möglich, wenn in der Person des verbleibenden Gesellschafters gleichsam ein wichtiger Grund vorliegt. Dies gilt selbst dann, wenn das Verschulden des auszuschließenden Gesellschafters überwiegt. Hier kommt statt des Ausschlusses nur eine Auflösung in Betracht. Auch das Gleichheitsgebot ist zu beachten. So hat sich die Gesellschaft bei der Behandlung ähnlich gelagerter Fälle, sowie insbesondere bei mehreren Ausschlusskandidaten, an das Verbot der willkürlichen Ungleichbehandlung zu halten. Der Ausschluss stellt stets die ultima ratio zur Lösung eines Interessenkonflikts dar. Insofern ist ein Interessenskonflikt auf alternative, gleich geeignete und mildere Mittel zu untersuchen. Diesbezüglich seien als mögliche Maßnahmen die Übertragung des Geschäftsanteils auf einen Treuhänder sowie die Übertragung der Ausübung von Mitwirkungsrechten an einen Vertreter genannt. Der Einfluss des Gesellschafters kann zudem durch eine Satzungsänderung oder eine Teileinziehung, als milderes Mittel, hinreichend geschmälert werden. Es sollte auch immer geprüft werden, ob ein ein freiwilliges Ausscheiden gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung in Betracht kommt.

Verfahren und Rechtsfolgen des Ausschlusses

Das Ausschlussverfahren wird durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung initiiert. Dem betroffenen Gesellschafter steht bei der Beschlussfassung kein Stimmrecht zu, § 47 IV GmbHG (Interessenkonflikt – Grundsatz: kein Richten in eigener Sache). Ihm ist jedoch Gelegenheit zur Stellungnahme und Entkräftung der erhobenen Vorwürfe zu geben. In diesem Zusammenhang ist die erforderliche Mehrheit der Stimmen stark umstritten. Der Bundesgerichtshof geht entsprechend des Auflösungsbeschlusses, § 60 I Nr. 2 GmbHG, noch von einer satzungsändernden Dreiviertelmehrheit aus. Eine Gegenposition vertritt die Auffassung, dass bereits eine einfache Mehrheit ausreichend ist, da keine durchschlagenden Gründe für eine qualifizierte Mehrheit bestehen. Innerhalb einer Zweipersonen-GmbH ist ein solcher Beschluss indes aufgrund häufiger gegenseitiger Ausschlussbemühungen nicht sachgerecht und somit entbehrlich.

Die tiefgreifende Wirkung des Ausschlusses macht zusätzlich die Erhebung der Ausschlussklage erforderlich. Klägerin ist die GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer. Im Fall der Zweipersonen-GmbH sind auch die Gesellschafter selbst klagebefugt. Das Fehlen des Gesellschafterbeschlusses führt zur Unbegründetheit der Klage, außer dieser ist ausnahmsweise entbehrlich. Allerdings besteht die Möglichkeit, den Gesellschafterbeschluss auch nach Klageerhebung nachzuholen.

Des Weiteren kann auch über die Abfindung des auszuscheidenden Gesellschafters zu entscheiden sein. Der Gesellschafterausschluss dient lediglich dazu die Funktionsfähigkeit der GmbH zu sichern und nicht dazu den auszuschließenden Gesellschafter finanziell zu sanktionieren. Die Höhe der Abfindung orientiert sich dabei grundsätzlich am Verkehrswert des Geschäftsanteils bei Klageerhebung. Zur Wahrung der Vermögensinteressen des Beklagten ist der Ausschluss nach herrschender Meinung aufschiebend bedingt durch Zahlung der Abfindung. Bis zum Bedingungseintritt bleibt die Gesellschafterstellung somit aufrechterhalten. Sofern der Abfindungsbetrag vor Urteilsverkündung jedoch hinterlegt wird, kann ein unbedingtes Urteil ergehen.

Da sich der Ausschluss nicht unmittelbar gegen den Geschäftsanteil richtet, ist noch eine Verfügung über den Geschäftsanteil erforderlich. Welche Folgen die Gesellschaft aus dem Ausschluss zieht, bleibt ihr überlassen. Eine früher vertretene automatische Einziehung ist dabei systemwidrig. Die Entscheidung ist von der Gesellschafterversammlung vorzunehmen. Dies muss zwar nicht gleichzeitig mit dem Ausschlussbeschluss erfolgen, jedoch sind die verbleibenden Gesellschafter dazu verpflichtet sich unverzüglich um eine Verwertung zu bemühen. In Betracht kommen grundsätzlich der eigene Erwerb, die Veräußerung, die Einziehung oder eine sonstige Verwertung des Geschäftsanteils, soweit dadurch das Stammkapital nicht angegriffen wird.

Regelung im Gesellschaftsvertrag

Die aufgeworfene Frage „Doch was tun, wenn eine solche Regelung im Gesellschaftsvertrag fehlt?“ ist damit für den Streitfall beantwortet. Der Klageweg ist jedoch langwierig, sehr kompliziert und mangels gesetzlicher Vorgaben risikobehaftet. Es ist daher dringend zu empfehlen, einer solchen Ausschlussklage durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag zuvorzukommen.

Zum einen können die Ausschlussgründe enger geregelt und damit rechtssicherer präzisiert werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass solche Regelungen auch zur Erschwerung eines Ausschlusses führen können, dieser aber nie gänzlich ausgeschlossen werden kann. Hinauskündigungsklauseln, die einem oder mehreren Gesellschaftern das Recht einräumen, einen Gesellschafter nach freiem Ermessen auszuschließen, sind nur in besonderen und unter sachlich begründeten Umständen zulässig. Die Einführung und Erweiterung von Ausschlussgründen ist mit Zustimmung aller Gesellschafter auch nachträglich möglich.

Das Verfahren kann ebenfalls durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag modifiziert und wesentlich erleichtert werden. Insbesondere kann der Ausschluss durch einfachen Gesellschafterbeschluss vorgesehen werden, wobei die Zuständigkeit für den Ausschluss auf andere Organe übertragen und die erforderliche Stimmenmehrheit festgelegt werden kann. Damit umgeht die Gesellschaft den Weg zum Gericht. Eine Ausschlussklage wäre bei Vorliegen einer solchen Regelung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Dem betroffenen Gesellschafter steht die Anfechtungsklage nach § 243 Aktiengesetz (AktG) analog mit der Begründung zu, dass kein Ausschlussgrund vorliegt.

Darüber hinaus kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass der betreffende Gesellschafter unabhängig von der Zahlung der Abfindung sofort seine Gesellschafterstellung verliert. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die ansonsten fortbestehende Verfügungsbefugnis des ausscheidenden Gesellschafters von Bedeutung. Ferner können Art, Höhe, Berechnung und Fälligkeit der Abfindung bestimmt werden. Es können auch niedrigere Beträge, z.B. der Buch- oder Nennbetrag, vorgesehen werden. Diese Satzungsbestimmungen sind unwirksam, wenn sie die Interessen des ausscheidenden Gesellschafters in sittenwidriger Weise übergehen. Dies ist in der Regel bei einem groben Missverhältnis zwischen Abfindungshöhe und tatsächlichem Verkehrswert, aber auch bei einer unangemessenen Dauer des Auszahlungszeitraums anzunehmen. Zu beachten ist, dass ein wichtiger Grund zum Ausschluss auch eine geringere Abfindung als in anderen Fällen des Ausscheidens rechtfertigen kann. Eine solche Regelung kann für die GmbH eine erhebliche finanzielle Entlastung darstellen und vermeidet zudem eine teure und aufwändige Ermittlung des Verkehrswertes.

Fazit

Es ist zu konstatieren, dass ein Ausschluss eines Gesellschafters auch ohne Regelungen im Gesellschaftsvertrag immer möglich ist. Gleichwohl sollten die Voraussetzungen, das Verfahren und die wirtschaftlichen Folgen im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Dies sollte den Bedürfnissen und vorhandenen Strukturen der Gesellschaft Rechnung tragen. So können langwierige und unsichere Prozesse, eine Überlastung der Liquidität und Schädigungen der Gesellschaft durch den ausscheidenden Gesellschafter während der Schwebezeit vermieden werden.

Sollten Sie als Gesellschafter oder Geschäftsführer Fragen zu den Voraussetzungen, dem Verfahren oder den Rechtsfolgen des Ausschlusses eines Gesellschafters, zu entsprechenden Satzungsregelungen, oder zu anderen Fragen im Wirtschaftsrecht haben, sprechen Sie uns gerne an.

*Verwenden wir in Zukunft wegen der besseren Lesbarkeit ausschließlich das generische Femininum oder das generische Maskulinum, sind hiervon ausdrücklich sämtliche Geschlechter mitumfasst.