ESOP/VESOP
ESOP/VESOP
14. Februar 2023
Die Beteiligung von Mitarbeiter:innen* am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens kann eine gute Möglichkeit sein, Mitarbeiter zu motivieren, an das Unternehmen zu binden und Vergütungsmodelle attraktiver zu machen. Insbesondere für StartUps und junge Unternehmen, die sich noch keine Top-Gehälter leisten können.
Mitarbeiterbeteiligung bedeutet, dass Mitarbeiterinnen entweder am Kapital oder am Gewinn des Unternehmens, für das sie tätig sind, beteiligt werden. Mitarbeiter können reale Anteile, also Aktien an einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erhalten. In den vergangenen Jahren haben StartUps Mitarbeiterbeteiligungen zu neuen Ausprägungen verholfen, wobei hier ein deutlicher Einfluss aus dem US-amerikanischen Rechtsraum zu verzeichnen war. So erfreuen sich insbesondere sog. virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen größerer Popularität, da sie den Mitarbeiterinnen keine Mitbestimmungsrechte im und am Unternehmen übertragen, sondern nur in eng definierten Fällen sog. schuldrechtliche Ansprüche, also Zahlungsansprüche gegen das Unternehmen entstehen lassen können.
ESOP und VESOP
Zunächst zu den Begriffen: ESOP bedeutet „Employee Stock Option Plan“. Das „V“ in VESOP steht für „Virtual“. Beide Begriffe beschreiben den Vorgang, dass Mitarbeiterinnen beim Eintritt bestimmter Bedingungen Anteile am arbeitgebenden Unternehmen erwerben. Der Unterschied liegt darin, dass mit dem ESOP eine echte Beteiligung am Unternehmen verfolgt wird, während beim VESOP allein virtuelle Anteile erworben werden, die einen Geldzahlungsanspruch entstehen lassen. Es handelt sich dabei also nicht um ein echtes Optionsprogramm, welches dem Mitarbeiter Stimmrechte und damit Mitbestimmungsmöglichkeiten verleiht.
Warum überhaupt Mitarbeiterbeteiligungen?
Die Beteiligung am Unternehmen kann ein niedrigeres Gehalt ausgleichen. Dadurch können neue Mitarbeiter rekrutiert und an das Unternehmen gebunden werden. Weil der Anteilserwerb den Eintritt bestimmter Bedingungen und vor allem den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens voraussetzt, wird zudem eine Anreizfunktion geschaffen. So kann die Produktivität der Mitarbeiter und damit der Unternehmenswert gesteigert werden. Außerdem werden fixe Gehaltskosten gespart.
Good Leaver/Bad Lever - Die Bedingungen
Der Erwerb kann an unterschiedliche Bedingungen geknüpft werden, die in dem jeweiligen Beteiligungsvertrag oder den Bedingungen des Optionsprogramm festgeschrieben und vereinbart werden. Um den Mitarbeiter längerfristig an das Unternehmen zu binden, kann eine gewisse zeitliche Beschäftigung im Unternehmen vorausgesetzt werden. Auch das Erreichen bestimmter Zielgrößen, wie ein bestimmter Umsatz oder Gewinn kann maßgeblich sein. Beim Austritt des Mitarbeiters als Bedingung wird oft zwischen sogenannten „good leaver“ und „bad leaver“ Klauseln unterschieden.
Sogenannte Leaver-Klauseln regeln das Ausscheiden von Anteilseignern aus einer Gesellschaft. Hierbei werden verschiedene Szenarien definiert, nach denen das Ausscheiden unterschiedliche Konsequenzen auf die Möglichkeit des vollständigen Erwerbs oder des Behaltendürfens von Anteilen hat.
In der Praxis gibt es verschiedene Ausgestaltungen von Verfallsklauseln: Je nach Einzelfall verlieren die Betroffenen ihre Aktien anteilig oder vollständig und erhalten für die verlorenen Aktien keinen, einen reduzierten oder einen vollen Ausgleich.
„Good Leaver“ verlassen das Unternehmen, ohne dass Ihnen hieraus ein besonderer Vorwurf zu machen ist. Der „Good Leaver“ soll aus diesem Grund wirtschaftlich besser gestellt werden als ein „Bad Leaver“. Bei groben Pflichtverletzungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung führen, liegt beispielsweise häufig der Fall eines „Bad Leaver“ vor. Bei Mitarbeiterbeteiligungsverträgen werden aus diesem Grund meistens auch entsprechende Kündigungsgründe aufgeführt, bei deren Vorliegen die „bad leaver“ Voraussetzungen erfüllt sind. Solche Klauseln sind im Einzelfall zu prüfen und können bei unangemessener Benachteiligung unwirksam sein, denn ein „Bad Leaver“ verliert häufig seine Beteiligung vollständig.
Vesting
Verbreitet ist auch eine „Vesting“-Abrede, in welcher geregelt wird, in welcher Zeitspanne Anteile angespart und damit vollständig erworben werden, ab welchem Zeitpunkt das Recht zur Erwerbsausübung besteht und was beim Verlassen des Unternehmens mit den nicht angesparten Optionen geschieht.
Üblich sind mehrjährige Vesting-Zeiträume, in welchen monatlich Anteile anwachsen, also angespart werden. Bei einem Vesting-Zeitraum von zwei Jahren mit monatlichem Ansparen würde ein Mitarbeiter jeden Monat 1/24 der insgesamt erzielbaren Beteiligung erhalten. Hierbei gibt es unterschiedliche Formen des Vestings: Das sog. Forward Vesting und das Reverse Vesting.
Beim Reverse Vesting werden die Anteile zunächst vollständig zugeteilt. Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen vor Ablauf des Vesting-Zeitraums, ist er verpflichtet die nicht angesparten Anteile an das Unternehmen zurückzuverkaufen. Meistens wird diese Form des Vestings für Gründer eines Unternehmens gewählt, um somit einen Verbleib in dem Unternehmen zu sichern, da die Gründer für den Erfolg des Unternehmens und dessen Bestand meist maßgeblich sind.
Beim Forward Vesting werden dem Optionsinhaber schrittweise Optionen gewährt. Teilweise werden die Optionen erst unverfallbar, wenn der Mitarbeiter einen entsprechenden Cliff erreicht hat, der jeweils im Beteiligungsvertrag definiert wird. Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen vor Ablauf des Cliffs, verfallen die nicht angewachsenen Optionen, wobei hier auf die Wirksamkeit der entsprechenden Klauseln zu achten ist.
Ziel von Optionsprogrammen ist es immer, Mitarbeiter/Optionsinhaber/Anteilseigner langfristig an das Unternehmen binden und die Motivation hoch zu halten, wobei das wirtschaftliche Ziel, welches mit einem Optionsprogramm ins Visier genommen wird, immer der sog. Exit ist. Ein Exit ist ein Ausstiegs-Szenario in welchem Anteile zu einem möglichst hohen Preis verkauft werden können. Soll ein Mitarbeiter bei einem Exit, der innerhalb des Vesting-Zeitraums eintritt, sämtliche Anteile erhalten, spricht man von einem Accelerated Vesting.
Steuerliche Fragen bei Mitarbeiterbeteiligungen
Da der Gesetzgeber solchen Mitarbeiterbeteiligungen den Weg bereiten möchte, führte er am 01.07.2021 den § 19a EStG ein.
In Deutschland galten für Mitarbeiterbeteiligungen bis zu diesem Zeitpunkt ungünstige Regelungen. Grund dafür war vor allem die sog. „Dry Income“-Problematik, die eine Besteuerung ohne Liquiditätszufluss beschreibt. Das bedeutet, dass Mitarbeiter ab dem Moment, in dem sie Anteile erhielten, diese sofort versteuern mussten, ohne dass ihnen Geld zugekommen ist. Werden die Anteile verkauft, fielen noch einmal Steuern an. Das stellte eine finanzielle Belastung für die Anteilseigner dar.
Die Gesetzesänderung schafft in verschiedener Hinsicht bessere Bedingungen. Die Versteuerung setzt nun zu einem späteren Zeitpunkt ein, nämlich bei Arbeitgeberwechsel oder Veräußerung, spätestens aber 12 Jahre nach dem Erwerb. Durch eine Änderung des § 3 Nr. 39 EStG ist der Freibetrag für Vermögensbeteiligungen von 360 Euro auf 1440 Euro gestiegen.
Die Privilegierung gilt, wenn die Vermögensbeteiligungen zusätzlich zum Lohn gewährt werden. Von der Regelung ausgeschlossen sind Unternehmen, die älter als 12 Jahre sind oder nicht die Kriterien für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU-Kriterien) der Europäischen Union erfüllen.
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*Verwenden wir zukünftig das generische Femininum oder das generische Maskulinum bezieht das immer sämtliche Geschlechter mit ein und dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit.