Erbrecht

Erbrecht

22. August 2024

Das deutsche Erbrecht regelt, was mit dem Vermögen einer Person nach ihrem Tod geschieht. Es bietet klare Richtlinien und Bestimmungen, die sicherstellen, dass das Vermögen gerecht verteilt wird und Streitigkeiten zwischen Erben minimiert werden.

Gesetzliche Erbfolge im deutschen Erbrecht

Unter Erbschaft oder Nachlass versteht man die Gesamtheit aller Rechtsverhältnisse, die im Erbfall als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) übergehen. Das deutsche Erbrecht kennt verschiedene Arten zu erben.

Hat der Erblasser sich weder um ein Testament noch einen Erbvertrag gekümmert, so regelt die gesetzliche Erbfolge, §§ 1922 ff. BGB, wer wie viel vom Nachlass erhält. Entscheidend dafür ist der Verwandtschaftsgrad. Ehegatten sind stets erbberechtigt. Die weiteren Verwandtschaftsgrade werden in Ordnungen eingeteilt.

Erbrecht

1. Erben erster Ordnung: Dazu gehören die Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder und deren Nachkommen.

Kinder des Erblassers sind Angehörige 1. Ordnung. Dazu gehören auch ungeborene, adoptierte und uneheliche Kinder. Sie haben einen Erbanspruch. Ist ein Kind bereits verstorben, so geht der Erbanspruch auf die Enkel über.

2. Erben zweiter Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Nachkommen.

Hatte der Erblasser keine Verwandten der 1. Ordnung, so haben die Angehörige 2. Ordnung, wie Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten einen Erba

nspruch.

3. Erben dritter Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen.

Zuletzt sind Großeltern, Onkel und Tanten sowie Cousins und Cousinen gesetzlich erbberechtigt.

Ehegatten haben eine besondere Stellung und erben neben den Verwandten je nach Güterstand einen bestimmten Anteil am Nachlass. Dabei ist zu beachten, dass der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner nur einen Teil des Erbes erhalten, wenn sie nicht Alleinerben sind. Unverheiratete Partner erben nur, wenn sie im letzten Willen bedacht wurden. Gleiches gilt für nicht verwandte Personen, wie z.B. Stiefkinder oder Verschwägerte. Ehemalige Ehegatten haben nach der Scheidung keinen Erbanspruch. Im Erbfall erbt das gemeinsame (Scheidungs-)Kind den Erbanspruch.

Testament und Erbvertrag

Wer von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und über sein Vermögen anderweitig verfügen will, muss eine Verfügung von Todes wegen errichten. In Betracht kommen das Testament und der Erbvertrag. Auf diese Weise hat der Erblasser die Möglichkeit, in seinem Testament Verfügungen zu treffen, die auch eine Person berücksichtigen, die nicht mit ihm verwandt oder verschwägert ist. Auch kann der Erblasser eine bestimmte Person mit einem Vermächtnis bedenken.

Wichtig ist, dass man als Erbe gem. § 1922, 1967 BGB in die Rechte und Pflichten des Erblassers tritt.

Richtig vorsorgen

Das gesetzliche Erbrecht entspricht nicht immer dem Willen des Erblassers, weshalb das deutsche Erbrecht weitere Gestaltungsmöglichkeiten vorgesehen hat.

Die bekannteste Form der Verfügung von Todes wegen ist das Testament. Das Gesetz kennt verschiedene Varianten. Das handschriftliche Testament i.S.v § 2247 BGB, auch eigenhändiges Testament genannt, ist eine vom Erblasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene Urkunde.

Daneben gibt es das notarielle Testament nach § 2232 BGB. Der Erblasser kann seinen letzten Willen vor einem Notar erklären oder diesem ein Schriftstück übergeben, die die Erklärung des Erblassers enthält.

Für Ehegatten besteht die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament nach § 2267 BGB zu errichten. Das Berliner Testament ist eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testaments, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und gleichzeitig bestimmen, dass nach dem Tod des Längstlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten, meist die Kinder, fallen soll.

Das Gesetz stellt formale Anforderungen an das Testament. Es muss zwingend handschriftlich und leserlich abgefasst sein und am Ende des Dokuments mit der eigenhändigen Unterschrift, am besten mit vollem Namen, versehen werden.

Außerdem sollten im Testament Datum und Ort der Errichtung angegeben und das ganze Dokument mit Seitenzahlen versehen sein.

Ein Testament kann an den Familienstand und die individuelle Lebenssituation angepasst werden und lässt Raum für entsprechende Regelungen im Erbfall. Für unverheiratete Lebenspartner kann ein Testament sinnvoll sein. Ohne eine solche Absicherung haben sie im Erbfall keinen Anspruch auf den Nachlass.

Der Erblasser kann auch ein Vermächtnis nach § 1939 BGB aussprechen. Ein Vermächtnis ist kein Testament. Gerne werden diese Begrifflichkeiten im Volksmund vertauscht oder gleichgesetzt. Mit einem Vermächtnis bedenkt der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag eine bestimmte Person mit einem bestimmten Gegenstand, wie z.B. Schmuck, oder Geldbetrag aus seinem Nachlass. Als Bedachter hat man lediglich einen Anspruch, der gegenüber dem Beschwerten aktiv eingefordert werden muss, da man nicht sofort mit Eintritt des Erbfalls eigene Begünstigung bekommt. Der Begünstigte muss nicht notwendigerweise Erbe sein.

Eine nicht so bekannte Art der Verfügung von Todes wegen ist der Erbvertrag nach § 1941 BGB. Es handelt sich bei dem Erbvertrag um einen Vertrag, der zwischen dem Erblasser und einer oder mehreren Personen geschlossen wird und der über den Tod hinaus gilt. Er bedarf für seine Wirksamkeit der notariellen Beurkundung.

Der Erblasser kann außerdem seinen letzten Willen auch an Bedingungen knüpfen oder mit Auflagen versehen. Möchte der Erblasser nicht ohne Gegenleistung vererben, so kann er den Erhalt des Erben an eine festgelegte Bedingung knüpfen. Erst wenn diese erfüllt ist, erhält der Erbe seinen Anteil. Eine solche Bedingung kann z.B. eine Betriebsübernahme oder Pflege sein.

Da der Erblasser über sein Vermögen frei verfügen kann, hat er auch die Möglichkeit, eine Person gem. § 1938 BGB zu enterben. Unter Enterbung versteht man den Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge durch den Erblasser. Es besteht keine Pflicht zur Begründung der Enterbung im Testament. Der Erblasser muss jedoch beachten: Die Enterbung bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Erbe überhaupt keinen Erbteil erhält.

Ein bestimmter dem Erblasser nahestehender Personenkreis kann vom Erben trotz Enterbung den Pflichtteil verlangen, § 2303 BGB. Der Pflichtteil sichert dem enterbten Angehörigen trotz des Ausschlusses von der gesetzlichen Erbfolge eine Teilhabe am Nachlass des Erblassers und gewährleistet eine Mindestbeteiligung.

Pflichtteilsansprüche

Das deutsche Erbrecht schützt nahe Angehörige durch Pflichtteilsansprüche im Falle einer Enterbung. Pflichtteilsberechtigt können Kinder, Ehegatten und Eltern des Erblassers sein. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein Geldanspruch gegen die Erben.

Der Pflichtteilsanspruch nach § 2314 BGB entsteht gemäß § 2317 BGB mit dem Erbfall.

Der Pflichtteilsberechtigte hat Auskunftsrechte gegenüber dem Erben, die ihn in die Lage versetzen, seinen Pflichtteil zu beziffern.

Neben dem Pflichtteilsanspruch ist auch der Pflichtteilergänzungsanspruch zu prüfen. Wer bereits zu Lebzeiten seinen Wunscherben etwas zukommen lassen möchte, kann dies durch eine Schenkung tun. Diese Schenkungen werden dem Nachlass unter Berücksichtigung der Abschmelzung nach § 2325 Abs. 3 BGB bei der Pflichtteilsberechnung dem Nachlass hinzugerechnet.

Der Pflichtteil kann nur unter den strengen Voraussetzungen des § 2333 BGB entzogen werden.

Erblasser und Pflichtteilsberechtigter können jedoch zu Lebzeiten einen Pflichtteilsverzicht gemäß § 2346 Abs. 1 BGB vereinbaren. Es ist nicht unüblich gegen eine Abfindung auf seinen Pflichtteil verzichten, um den Erben von späteren Belastungen zu befreien.

Der Pflichtteilsanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt mit der Kenntnis vom Erbfall und der Enterbung.

Erbschaftsteuer im deutschen Erbrecht

Die Erbschaftssteuer fällt an, wenn das Vermögen auf die Erben übergeht. Die Höhe der Steuer hängt vom Wert des Erbes und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser ab.

Es gibt Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad variieren:

  • 500.000 Euro für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner,
  • 400.000 Euro für Kinder und Stiefkinder,
  • 400.000 Euro für Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind, Urenkeln, Eltern und Großeltern 100.000 Euro und
  • sämtliche sonstigen Erben 20.000 Euro.

Erbengemeinschaft und Nachlassverwaltung

Wird der Erblasser von mehreren Personen beerbt, so entsteht eine Erbengemeinschaft im Sinne des § 2032 BGB. Sie entsteht automatisch mit dem Erbfall, ohne dass es eines gesonderten rechtsgeschäftlichen Gründungsaktes bedarf. Diese Gemeinschaft verwaltet den Nachlass gemeinsam und muss einstimmig über dessen Verteilung entscheiden.

Kommt es zu Streitigkeiten, kann ein Nachlassverwalter bestellt werden, um die ordnungsgemäße Verwaltung sicherzustellen.

Da es sich weder um eine Gesellschaft noch um eine Bruchteilsgemeinschaft handelt, kann die Miterbenstellung nicht gekündigt werden. Für das Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft gibt es Möglichkeiten wie den Verkauf des Miterbenanteils oder die Ausschlagung der Erbschaft. Bei der Erbengemeinschaft handelt es sich um eine Gesamthandsgemeinschaft. Die Aufgabe der Gemeinschaft ist die Aufteilung des Nachlasses. Jedes Mitglied bekommt seinen Anteil, dessen Höhe von dem Verwandtschaftsgrad oder der Erbquote im Testament abhängt. Die Miterben treffen alle Entscheidungen in Hinblick auf den Nachlass einstimmig und gemeinsam.

Bei einer Erbengemeinschaft ist jeder einzelne Miterbe berechtigt, einen gemeinschaftlichen Erbschein für die gesamte Erbengemeinschaft zu beantragen. In der Regel beteiligen sich alle Miterben an den Kosten des Erbscheins und jeder erhält eine oder mehrere Ausfertigungen.

Mit Aufteilung des Nachlasses löst sich die Gemeinschaft auf. Dann spricht man von der Auseinandersetzung, § 2042 Abs. 1 BGB.

Die Erbengemeinschaft muss stets an ihre Haftung für die Schulden des Erblassers denken. Sie kann sowohl mit dem Nachlass als auch mit ihrem eigenen Vermögen haften. Es gibt jedoch Möglichkeiten die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

Bei Konflikten innerhalb einer Erbengemeinschaft besteht die Möglichkeit einer gerichtlichen Auseinandersetzung in Form einer Erbauseinandersetzungsklage. Diese ist meist die letzte Möglichkeit eine zerstrittene Erbengemeinschaft aufzulösen und den Nachlass unter den streitenden Erben aufzuteilen. Die Streitigkeiten resultieren oft aus der fehlenden Teilungsanordnung des Erblassers und der Unsicherheit der Miterben, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll.

Der Erbschein

Sind Sie Erbe geworden, können Sie einen Erbschein beantragen. Der Erbschein ist eine Urkunde, die vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Aus ihm geht hervor, wer Erbe einer bestimmten Person ist. Mit dem Erbschein kann sich der Erbe im Rechts- und Geschäftsverkehr als Erbe ausweisen. Ein Erbschein ist vor allem dann wichtig, wenn eine Erbfolge durch Testament oder Erbvertrag nicht möglich ist, weil der Erblasser nicht vorgesorgt hat.

Es gibt verschiedene Arten von Erbscheinen. Für eine Person wird ein Alleinerbschein ausgestellt. Bei mehreren Erben wird in der Regel ein gemeinschaftlicher Erbschein ausgefertigt, der die Namen aller Erben und die Höhe ihrer Erbteile enthält.

Voraussetzung ist allerdings, dass alle Erben bekannt sind und die Erbschaft angenommen haben. Die Erben einer Erbengemeinschaft haben die Möglichkeit, beim Nachlassgericht einen Teilerbschein zu beantragen.

Der Erbschein wird beim zuständigen Nachlassgericht beantragt. In der Regel ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Erbe muss den Antrag auf Erteilung des Erbscheins nicht selbst stellen, sondern kann ihn auch durch einen Rechtsanwalt oder Notar stellen lassen. Auch ein Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlassinsolvenzverwalter kann einen Erbschein beantragen. Richtet sich die Erbfolge nach ausländischem Recht, kann auch ein Erbschein erteilt werden. Voraussetzung ist, dass sich zumindest ein Teil des Nachlasses im Inland befindet.

Die Erbausschlagung

Es gibt viele Gründe, weshalb man das Erbe nicht antreten möchte. Der häufigste Fall ist die Überschuldung des Erblassers.

Durch die Ausschlagung der angefallenen Erbschaft i.S.v § 1942 BGB kann der Erbe sich der Erbschaft entledigen. Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, so ist die Ausschlagung gem. § 1943 BGB nicht mehr möglich. Die Annahme kann ausdrücklich und konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, erfolgen.

Für die Ausschlagung gilt nach § 1944 Abs. 1 BGB eine sechswöchige Frist. Eine Verlängerung dieser Frist ist nicht möglich. Genauso wenig kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Nachlassgericht gewährt werden. Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Erben von Anfall der Erbschaft und des Berufungsgrundes. Der Erbe erfährt regelmäßig durch den Tod vom Anfall der Erbschaft. Unter Berufungsgrund versteht man die Kenntnis von dem konkreten Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge seiner Berufung ergibt.

Was können wir für Sie tun?

Das deutsche Erbrecht bietet umfassende Regelungen, um die Verteilung des Nachlasses zu gestalten und die Rechte der Erben zu schützen. Durch die Erstellung eines Testaments oder Erbvertrags können individuelle Wünsche umgesetzt und Klarheit geschaffen werden. Pflichtteilsansprüche stellen sicher, dass nahe Angehörige nicht leer ausgehen. Bei komplexen Nachlassangelegenheiten kann rechtliche Beratung helfen, die besten Lösungen zu finden und steuerliche Vorteile zu nutzen. Sie möchten sich erbrechtlich beraten oder vertreten lassen? Sprechen Sie uns an.