Domain-Grabbing
Domain-Grabbing
11. Januar 2023
Eine Internet Domain lässt sich mit wenigen Klicks und einem relativ geringen Kostenaufwand registrieren bzw. kaufen. Ganz gleich, welchen Anbieter man dafür wählt. Dabei gilt das Prinzip „first come, first serve“. Demjenigen, der eine Domain zuerst registriert hat, steht ein relatives Nutzungsrecht daran zu. Daraus ergibt sich ein lukratives Geschäftsmodell. Beim sog. Domain-Grabbing werden eine Vielzahl von Domains registriert, um diese dann gewinnbringend an Interessent:innen weiterzuverkaufen. Ob bei der Registrierung Kennzeichen- oder Namensrechte verletzt werden, wird nicht geprüft. Ist das aber der Fall, gibt es für den Rechteinhaber verschiedene Möglichkeiten dagegen vorzugehen.
Ansprüche gegen den Domaininhaber
Zunächst können Ansprüche gegen den Domaininhaber geltend gemacht werden. Solche ergeben sich nicht nur aus dem Marken-, Unternehmenskennzeichen- und Namensrecht, sondern auch aus Wettbewerbs- und Deliktsrecht.
Marken- und Unternehmenskennzeichenrecht
Während die Marke der Kennzeichnung und Unterscheidung von Produkten dient, beziehen sich Unternehmenskennzeichen auf Unternehmen. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schutz entsteht, regeln § 4 bzw. § 5 Markengesetz (MarkenG). Möglicherweise besteht ein Unterlassungsanspruch gegen den Domaininhaber gem. § 14 Abs. 5 bzw. § 15 Abs. 4 MarkenG. Die Domainregistrierung allein stellt jedoch noch keine taugliche Benutzungshandlung im Sinne dieser Vorschriften dar, da sich nicht feststellen lässt, zu welchem Zweck die Registrierung erfolgt ist. Anders ist es, wenn der Geschäftsverkehr die Domain als Herkunftshinweis versteht. Der Bundesgerichtshof (BGH) bejahte dies für den Fall, dass über die Website auf Dienstleistungen des Domaininhabers verwiesen wurde, u.a. das Zurverfügungstellen von E-Mail-Adressen oder das Erstellen von Homepages (Az. I ZR 135/06).
Ein Anspruch auf Löschung der Domain besteht allerdings nicht ohne weiteres. Unterscheiden sich die angebotenen Waren- oder Dienstleistungen von denen des Kennzeicheninhabers, liegt im Halten des Domainnamens für sich gesehen noch keine Verletzung des Kennzeichenrechts.
Namensrecht
§ 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normiert einen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch. Ein solcher ist dann einschlägig, wenn das Namensrecht des Anspruchstellers von einem anderen bestritten (Namensleugnung) oder der Name unbefugt benutzt wird (Namensanmaßung). Die Variante der Namensanmaßung steht beim Domain-Grabbing im Vordergrund, wobei durch den Gebrauch eine Zuordungsverwirrung eintreten muss und schutzwürdige Interessen des Berechtigten betroffen sein müssen. Zwar stellte der BGH fest, dass der Kennzeichenschutz nach dem MarkenG grundsätzlich den Namensschutz nach § 12 BGB verdrängt (Az. I ZR 159/05). Das gelte jedoch ausnahmsweise nicht, wenn das Kennzeichen außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der Branche gebraucht werde, da in diesen Fällen keine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr bestehe und der Namensschutz ergänzend herangezogen werden könne. Der Anwendungsbereich des § 12 BGB war in diesem Fall eröffnet, da über die Website ein Partnerprogramm betrieben wurde, welches nur zugelassenen Partnern zugänglich war.
Wettbewerbsrecht
Auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bietet mit §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 4 UWG einen Unterlassungsanspruch. Der Handel mit der Domainadresse stellt die erforderliche geschäftliche Handlung dar. Nach § 4 Nr. 4 UWG ist auch die gezielte Behinderung eines Mitbewerbers eine verbotene unlautere Handlung. Für die Eigenschaft als Mitbewerber ist es dem BGH zufolge ausreichend, dass Anspruchsteller und -gegner denselben Domainnamen für sich registrieren lassen wollen (Az. I ZR 135/06). Dass der Domaininhaber eine Vielzahl von Domainnamen auf sich registrieren lässt, um sie potenziellen Interessenten zum Kauf anzubieten, ist für sich allerdings nicht ausreichend. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, wie die Absicht den Rechteinhaber zu blockieren oder zu schädigen. Das nahm das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe für den Fall an, in dem der Domainname für den Inhaber weder von besonderem Interesse noch ein ernsthafter Benutzungswille erkennbar war und die Domain nur registriert wurde, um sie an den Rechteinhaber für eine hohe Ablösesumme zu verkaufen (Az. 6 U 56/123).
Deliktsrecht
In Einzelfällen kommt sogar ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB in Frage. Wie auch im Wettbewerbsrecht ist entscheidend, ob die Reservierung der Domain vorrangig mit einem Behinderungszweck erfolgte und ob ein eigenes schützenswertes Interesse erkennbar ist. Der potenzielle Schaden liegt in der Blockade des betroffenen Domain-Namens und der Gefahr unerwünschter Verwechslungen, unter denen der wirtschaftliche Ruf des Trägers einer ähnlichen Bezeichnung leiden kann.
DISPUTE-Antrag über DENIC
Auch die DENIC selbst bietet eine Möglichkeit für Betroffene, gegen die Nutzung von rechtsverletzenden Domains vorzugehen. Vorausgesetzt wird natürlich, dass dem Anspruchsteller ein Recht an der Domain zusteht, welches sich bspw. aus dem Kennzeichenrecht ergeben kann. Mittels eines Formulars muss zunächst bei der DENIC der Inhaber der Domain erfragt werden. Daraufhin kann ein Antrag eingereicht werden, in welchem durch Unterlagen glaubhaft gemacht wird, dass das Recht tatsächlich besteht. Dies bewirkt nicht, dass die Domain dem Rechtsinhaber zufällt. Es wird lediglich verhindert, dass diese vom Verletzer auf einen Dritten übertragen wird.