Arbeitnehmererfindungen
Arbeitnehmererfindungen
25. Juni 2024
Grundsätzlich stehen die Rechte an Erfindungen und Arbeitsergebnissen, die im Rahmen der Arbeitsleistung entstehen, dem Arbeitnehmer als Schöpfer zu. Nach arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ist im Allgemeinen aber der Arbeitgeber an allen Ergebnissen, auch Erfindungen, die im Rahmen der vom Arbeitgeber vergüteten und geförderten Arbeitsleistung entstehen, berechtigt. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) gleicht diesen Widerspruch der Interessen und Rechte der Arbeitsvertragsparteien aus. Aber auch außerhalb des Anwendungsbereichs des ArbnErfG (patent- oder gebrauchsmusterfähige technische Erfindungen) bestehen gesetzliche Grundlagen, etwa für Werke eines Arbeitnehmers, die dem Urheberrecht unterliegen.
Tatsächlich sind Arbeitnehmererfindungen nach Schätzungen Grundlage für mehr als 80 % der Patentanmeldungen in Deutschland.
Arten von Erfindungen
Diensterfindungen sind Erfindungen des Arbeitnehmers, die auf der ihm obliegenden Tätigkeit (Auftragserfindungen) oder auf Erfahrungen des Betriebes, in dem er tätig ist, (Aufgabenerfindungen) beruhen und während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses entstanden sind.
Der Arbeitnehmer muss eine solche Erfindung (einschließlich einer etwaigen Mitwirkung von Kollegen) seinem Arbeitgeber melden und darf sie nicht verwerten oder über sie verfügen (z.B. veräußern). Er ist weiterhin verpflichtet, die Erfindung geheim zu halten. Beansprucht der Arbeitgeber auf die Meldung hin die Erfindung für sich oder erklärt er nicht innerhalb von vier Monaten ihre Freigabe, gehen alle Rechte auf ihn über. Im Gegenzug entsteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf angemessene Vergütung aufgrund von §§ 9, 10 ArbnErfG (auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses) sowie auf Anmeldung der Erfindung als Patent oder Gebrauchsmuster, §§ 13 ff. ArbnErfG.
Die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Erfindung in Anspruch nehmen muss, beginnt mit der Meldung zu laufen. Ist eine Meldung unterblieben, beginnt sie nur, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er bereits über die Erkenntnisse verfügt, die er durch die Meldung erhalten soll und diese daher entbehrlich ist. Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung nicht oder nicht fristgerecht in Anspruch, wird sie frei und der Arbeitnehmer kann sie selbst verwerten.
Freie Erfindungen sind Erfindungen des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, die nicht die weiteren Voraussetzungen einer Diensterfindung erfüllen, wie den Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit.
Der Arbeitnehmer muss auch eine freie Erfindung seinem Arbeitgeber unverzüglich melden und ihm mindestens ein nicht ausschließliches Nutzungsrecht anbieten, § 19 ArbnErfG. Ausnahmsweise entfallen diese Pflichten des Arbeitnehmers, wenn die Erfindung nicht in den Tätigkeitsbereich des Betriebes fällt, in dem er arbeitet.
Auch hierfür steht dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung zu, allerdings ist deren Grundlage nicht das Arbeitsverhältnis, sondern ein paralleles eigenes Rechtsverhältnis, sodass die Vergütung nicht als Arbeitseinkommen einzuordnen ist.
Technische Verbesserungsvorschläge sind technische Neuerungen, die nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig sind. Der Arbeitnehmer hat sie dem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn sie aus der Arbeitsleistung entstanden sind oder mit der Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers zusammenhängen.
Dem Arbeitgeber steht ein Verwertungsrecht an diesen Vorschlägen zu, wobei ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus dem Gesetz nur besteht, wenn die Vorschläge qualifiziert sind, nämlich zu einer ähnlichen Stellung des Arbeitgebers führen wie ein gewerbliches Schutzrecht, § 20 ArbnErfG. Ansonsten richtet sich die Vergütung nach tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und wenn diese nicht bestehen nach den folgenden Voraussetzungen: Verwertung durch den Arbeitgeber, über die arbeitsvertragliche Pflicht hinausgehende Leistung des Arbeitnehmers als Grundlage und Arbeitgeber hat durch Umsetzung erheblichen Vorteil.
Urheberrechte an Arbeitsergebnissen
Werke aus den Bereichen Literatur, Tonkunst, bildende Kunst, Lichtbilder, Film sowie Computerprogramme und technische und wissenschaftliche Darstellungen sind nicht vom ArbnErfG umfasst, da dieses nur den Umgang mit technischen Neuerungen regelt (wozu auch mikrobiologische Verfahren und in entsprechender Anwendung Pflanzenzüchtungen mit Sortenschutz zählen).
Die Nutzungs- und Verwertungsrechte an solchen Arbeitsergebnissen, die der Urheber in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen (oder dienstvertraglichen) Pflichten schafft, und seine Vergütungsansprüche richten sich gemäß § 43 Urhebergesetz (UrhG) nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 31 ff. UrhG. Allerdings ist es in der rechtswissenschaftlichen Literatur anerkannt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Nutzungsrechte an seinen urheberrechtlich geschützten Werken einzuräumen, dies meist stillschweigend (ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung) im Voraus für die Nutzung und Verwertung im Rahmen des Betriebszwecks des Arbeitgebers. In der Regel werden hierzu, insbesondere in besonders betroffenen Berufen, aber vertragliche Regelungen getroffen. Eine Ausnahme besteht gemäß § 69b UrhG für Computerprogramme, die der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten schafft – diesbezüglich hat der Arbeitgeber das Recht auf Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse hieran.
Aus §§ 32, 32a UrhG ergibt sich ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers als Urheber der oben genannten Werke, der nicht vertraglich abbedungen werden kann. Allerdings wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass ein Urheber, der als Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeitsleistung ein Werk erschafft, keinen über das Arbeitsentgelt hinausgehenden Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Arbeitgeber hat, weil sogenannte Pflichtwerke (die im Rahmen der Arbeitspflicht entstehen) bereits mit dem Arbeitsentgelt abgegolten sind. Dies gilt allerdings nur, wenn das insgesamt erhaltene Arbeitsentgelt in einem auffälligen Missverhältnis im Vergleich zu den Erträgen aus der Nutzung des Werkes steht. Zumindest eine Verwertung des Werkes durch den Arbeitgeber außerhalb des Betriebszwecks, die nicht vertraglich gestattet ist, führt aber zu einem zusätzlichen Vergütungsanspruch.
Vertragliche Regelung
Eine vertragliche Regelung der Rechteübertragung und Vergütung von Arbeitsergebnissen ist insbesondere sinnvoll und weit verbreitet in Berufen, die üblicherweise Neuerungen als Teil der Arbeitsleistung beinhalten, wie etwa Programmierer, Architekten, Grafiker, Texter und Ingenieure. Die Klausel sollte abgestuft je nach dem gesetzlichen Schutz der Arbeitsergebnisse (nach Arbeitnehmererfindungsgesetz oder Urhebergesetz) formuliert sein.
Soweit es sich um technische Arbeitsergebnisse, also Erfindungen und Verbesserungsvorschläge handelt, reicht im Arbeitsvertrag in der Regel ein Verweis auf die Geltung des ArbnErfG und ggf. ein Hinweis auf die Meldepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.
Hinsichtlich der Urheberrechte empfiehlt sich aus Arbeitgebersicht eine ausdrückliche Übertragung der Nutzungsrechte, die ausschließlich, unbegrenzt und für alle (auch unbekannte) Nutzungsarten erfolgen sollte. Es ist sinnvoll, die genauen Nutzungsarten, wenn auch nicht abschließend, konkret zu benennen, etwa die Verwertung und Verbreitung. Die Abänderung und Bearbeitung des Werks wären nach dem UrhG grundsätzlich unzulässig, kann aber durch eine entsprechende Klausel erlaubt werden. Auch zum Zeitpunkt der Rechteübertragung kann eine Regelung getroffen werden, um z.B. auch Vorstufen oder Entwürfe mit einzubeziehen, indem man auf den Entstehungszeitpunkt der Rechte abstellt. Es ist möglich, ausdrücklich zu regeln, dass die Rechteübertragung mit der Zahlung des Arbeitsentgelts vollständig abgegolten ist und was im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten soll.